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Wissen um die Gefahren von Sex ohne Verhütung reicht allein nicht aus: Aktuelle Zahlen alarmieren Expertinnen und Experten und regen zur Diskussion um eine neue Gestaltung der Aufklärung an.
Foto: REUTERS/Marcos Borga
Die Gratis-Kondom-Kampagne der Gesundheitsministerin an Wiener Schulen sorgt für heftige Diskussionen. Auch der jüngste Vorstoß von Eva Glawischnig, Abtreibungen auf Krankenschein einzuführen, rückt das Thema Aufklärung erneut ins politische Bewusstsein.


Wien – "Die Pille schützt vor HIV."; "Beim ersten Mal kann man nicht schwanger werden."; "Ein Tampon kann als Verhütungsmittel verwendet werden." – Diese Aussagen sind nur einige Beispiele für Gerüchte, die unter Jugendlichen trotz "Bravo"-Aufklärungsseiten und aufgeschlossener 68er-Eltern kursieren. Immer früher werden Jugendliche mit dem Thema Sex konfrontiert, Medien propagieren eine sich "verkürzende" Kindheit – doch wie aufgeklärt sind die "jungen Erwachsenen" tatsächlich?

Michaela Olechowsky, Gynäkologin an der Wiener Rudolfsstiftung, weiß, dass vermeintlich gute Vorkenntnisse über Sexualität dazu verleiten, auf eine wirklich konsequente Verhütung zu verzichten. Aufgeklärtheit führe schnell zur scheinbaren Abgeklärtheit. Das bloße Wissen um die Gefahren von ungeschütztem Geschlechtsverkehr allein reiche nicht aus, so Olechowsky. Sei es eine Party, bei der viel Alkohol fließt, ein kleines Missgeschick oder ein vertrauensvolles "Ich pass schon auf". Laut der jüngsten Studie der Unicef von 2004 werden 14 von 1000 Mädchen in Österreich im Alter zwischen 14 und 19 Jahren Mutter. Im Jahr davor lag Österreich sogar auf Platz vier der europaweiten Zahlen von Teenager-Müttern. Auch die Anzahl der HIV-Positiven hat sich weltweit um zehn Prozent erhöht, die Hälfte aller neu Infizierten sind Jugendliche oder junge Erwachsene.

Prävention an Schulen

Viele Kinder werden nicht oder zu wenig von ihren Eltern aufgeklärt und auch um den Sexualunterricht an den Schulen ist es schlecht bestellt, resümieren Expertinnen und Experten. Oft hätten die Jugendlichen Hemmungen, ihren Lehrerinnen und Lehrern Fragen zu stellen, berichtet Olechowsky. "Jede Teenagerschwangerschaft ist ein Beweis dafür, dass nicht genug Aufklärungsarbeit geleistet wird. Man sollte mehr Experten an die Schulen schicken, denen sich die Heranwachsenden anvertrauen können", meint dazu Sonja Wehsely, SPÖ-Gesundheitsstadträtin.

Innovative Arbeit in diesem Bereich leistet die ehrenamtliche Organisation "Achtung Liebe". Wiener Studentinnen und Studenten der Medizin und Psychologie stellen sich Schulklassen für drei bis fünf Stunden zur Verfügung und bieten grundlegende Informationen über Sexualität, Verhütung und Geschlechtskrankheiten. "Es gibt die Möglichkeit, dass die Schüler ihre Fragen anonym in der so genannten 'Blackbox' deponieren. Dadurch werden Themen angeschnitten, die ihnen in einem direkten Gespräch vielleicht peinlich wären", erzählen Julia Duris und Matthias Köhler dem SchülerStandard. Politik, Eltern und Schule können die Jugendlichen unterstützen – die Verantwortung liegt jedoch bei jeder/m Einzelnen. (Theresa Honzak, Johanna Klammer, Hannah Zeisel/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 17.4. 2007)