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Foto: APA/dpa/Uli Deck
Wien - Die neue Drogenverordnung, die am ersten März in Kraft getreten ist, widerspricht nach Ansichten von Datenschützern der Verfassung. Wenn ein Patient nur behandelt werden kann, wenn er den Arzt von der Schweigepflicht entbinde, sei dies klar verfassungswidrig, urteilte Hans Zeger von der Arge Daten im Ö1-"Morgenjournal". "Aus Datenschutzsicht ist diese Drogenverordnung schlichtweg eine Katastrophe." Der Wiener Allgemeinmediziner Hans-Joachim Fuchs bereitet derzeit eine Beschwerde beim Verfassungsgericht vor.

Entbindung vom Arztgeheimnis

Laut Zeger ist die Verordnung so weit von den österreichischen Verfassungsbestimmungen entfernt, dass der Verfassungsgerichtshof diese bei Beschwerden aufheben würde. Für die umfassende Entbindung vom Ärztegeheimnis gebe es überhaupt keine Rechtsgrundlagen, erklärte der Datenschutz-Experte. Arbeitgeber könnten über Umwege an die Daten herankommen, auch Behörden bestimmte Leistungen verweigern, befürchtete Zeger. Es bestehe die Gefahr, dass Patienten aus Angst ihre Therapie beenden oder gar keine Behandlung in Anspruch nehmen.

Behandlung mit Verzicht auf Grundrecht

"Ich kann mich da nur den Experten anschließen", erklärte Hans Haltmayer, ärztlicher Leiter des Ganslwirt in Wien, im Gespräch. Um als Patient eine Behandlung zu bekommen, müsse man auf ein Grundrecht verzichten, dies sei gegen die guten Sitten. Problematisch sei auch, dass sich auf Grund der "überbürokratischen und kontrollierenden" Verordnung einige Ärzte aus der Substitutionstherapie zurückziehen würden. Wenn man davon ausgehe, dass nur ein Viertel der Patienten, die eine Behandlung bräuchten, diese derzeit bekommt, sei der Rückzug dramatisch.

Versorgungsproblem im ländlichen Bereich

Im ländlichen Bereich gebe es bereits jetzt Versorgungsprobleme, berichtete Haltmayer. In Bruck an der Mur gebe es nur mehr einen behandelnden Mediziner, auch in Niederösterreich werden Patienten in einzelnen Regionen nicht mehr oder nur mehr von einem Arzt betreut. In Graz sei die Zahl der substituierenden Mediziner von 60 auf 15 zurückgegangen. Die Einschränkung und Kontrolle, die in der Verordnung vorgesehen sei, treffe zudem genau die Patienten am Weg zur Re-Integration und gefährde diese.

Chancen zur Änderung

Vorgehen gegen die Verordnung will der Mediziner Hans-Joachim Fuchs. In einem so genannten Individual-Antrag werde er prüfen lassen, ob das Gesetz der österreichischen Bundesverfassung entspreche, bestätigte er. Aktuell hätten sich bereits 20 Ärzte, Patienten und Angehörige dem Antrag angeschlossen. Die Chancen, dass der Verfassungsgerichtshof zu einem Ergebnis komme, laut dem die Novelle oder zumindest Teile geändert werden müssen, stehe sehr gut, erklärte er.

Bedenken, ohne Änderungen ausräumen

"Wir sind zuversichtlich, dass wir im Dialog Bedenken zur Datensicherheit ausräumen können", sagte Jürgen Beilein, Sprecher von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, am Dienstag "Wir sehen natürlich die Bedenken der Ärzte." Änderungen an der Verordnung seien derzeit aber nicht angedacht. Es sei international üblich, derartige Daten - "ganz spezifische Fakten um den Fortschritt der Behandlung zu dokumentieren" - aufzuzeichnen. Die ärztliche Schweigepflicht gelte natürlich. Dass Arbeitgeber an die Daten herankommen, könne ausgeschlossen werden.

Schwarzmarkt-Missbrauch verhindern

Die persönlichen Daten werden mit Einverständnis des Patienten an den Amtsarzt und das Ministerium weitergeleitet, um Qualitätssicherung und Begleitung sicherzustellen, erläuterte der Sprecher. Das Substitutionsregister, in dem die Behandlungsdaten erfasst werden, gebe es zudem bereits seit 1998. Die Aufzeichnungen seien wichtig um Infolücken, Todesfälle, den Besuch eines zewiten Arztes und damit auch den Schwarzmarkt-Missbrauch zu verhindern. (APA)