Nach Kinderwünschen und in Handarbeit hergestellt: Pumas Edelsneaker "Podio"

Foto: Puma

"Autodromo"

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Der globale Wirtschaftsboom und (relativ) billige Kredite haben in diesem Jahrtausend Luxusgüter für eine immer größere Anzahl von Menschen erschwinglich gemacht. Das ist sehr gut für die Umsätze von Nobelkonglomeraten wie LVMH (Luis Vuitton Moët Hennessy) oder Gucci, birgt aber auch ein ernsthaftes Luxus-Problem für die Kunden: Wie ist es um die soziale Distinktion und den Status bestellt, wenn die Waren quasi für Hinz und Kunz verfügbar sind? (Tausende Fälschungen, die den Markt überfluten, vermindern zusätzlich den Glanz.) Die Hersteller reagieren auf diese allgemeine Verunsicherung mit einem Drei-Punkte-Programm: Sie erhöhen a) die Preise, sorgen b) mit limitierten Auflagen für eine künstliche Verknappung und bieten c) immer mehr Maßanfertigungen an, die Einzigartigkeit zumindest suggerieren.

Diese Masche haben sich auch die führenden Sportartikel-Hersteller zu eigen gemacht. Nike und adidas bieten ihren Kunden schon seit Längerem die Möglichkeit, Modelle nach eigenem Gusto zusammenzustellen; die Rivalen von Puma haben die Idee nun jedoch am konsequentesten zu Ende gedacht. Die Herzogenauracher bieten dieses Frühjahr in Zusammenarbeit mit dem norditalienischen Lederwarenhersteller Schedoni zwei sündhaft-teure Sneakers ("Podio" und "Autodromo") an, die kundenspezifisch und in Handarbeit angefertigt werden.

"Puma by Schedoni"

"Podio" wird für Herren in acht und für Damen in zwölf Farbkombinationen angeboten, die weltweit auf jeweils 500 Stück begrenzt sind. In einer Hand voll exklusiver Läden wie dem Londoner Kaufhaus Harrods stehen schwere "Puma by Schedoni"-Lederkoffer, die mit Modellschuhen in den verschiedenen Größen und einer Art Puzzle-Spiel aufwarten: Der Kunde kann sich mithilfe von Lederstücken ein Bild machen, wie sein Schuh später aussehen wird. Wem für die schokoladenbraunen und erdbeerroten Varianten das modische Selbstbewusstsein eines Norditalieners oder einfach ein wenig der Mut fehlt - die Damen haben es mit weißen, beigen und rosa Kombinationen einfacher -, der ist beim zweitem Modell, dem "Autodromo" besser aufgehoben. Den flachen oder knöchelhohen Schuh gibt es nur im Schedoni-typischen cuoio bottalato; unglaublich hochwertigem, natürlich gebräuntem Leder in Orange. Er ist nicht limitiert, dafür werden aber die Initialen des Kunden dezent und sehr hübsch in die Zunge gebrannt. "Für Motorsportfanatiker", sagt Pumas stellvertretender Vorstandschef Martin Gänsler bei der Präsentation des Konzepts in London, "bieten wir auch eine feuerfeste Version an."

Für die Marke mit der Raubtierkatze, die im Gegensatz zu den beiden Branchenriesen adidas und Nike schon früh die Kooperation mit Designer-Mode und Lifestyle suchte, ist es der erste Ausflug ins absolute Luxussegment, und für den der Tradition verpflichteten Familienbetrieb Schedoni die erste Verbindung mit Sportartikeln. Das gemeinsame Engagement im Motorsport brachte beide zusammen: Puma ist Sponsor in verschiedenen Disziplinen, Schedoni stellt unter anderem für Ferrari die Ledersitze her.

Zurück zu den Wurzeln

Heute werden 99 Prozent aller Sportschuhe in Asien produziert, von Arbeitern, die damit selten mehr als ein paar Reiskörner verdienen, unter Arbeitsbedingungen, die manchem Sneaker-Fan die Lust verderben. Die Puma/Schedoni-Kooperation schlägt demonstrativ den Bogen zurück in eine Vergangenheit, als Qualität noch wichtiger als Shareholder-Value und Umsatzwachstum waren.

"Die Herstellung bei uns in Modena beginnt erst mit dem Auftrag", erzählt Firmenchef Simone Schedoni, "nach etwa vier Wochen bekommt der Kunde dann sein individuelles Paar, mitsamt einer Urkunde, die von den an der Fertigung beteiligten Personen unterschrieben ist." "Es geht zurück zu den Wurzeln", wie Gänsler sagt. Schedoni begann einst 1880 mit der Schuhmanufaktur, Puma 1948. Die letzten Turnschuhe dürften in Westeuropa vor 15 Jahren hergestellt worden sein, auch in dieser Hinsicht besitzen die "Puma by Schedoni"-Modelle also durchaus den Reiz des Ungewöhnlichen. So viel Einzigartigkeit hat natürlich einen hohen Preis, das ist auch so gewollt. Die Schuhe kosten zwischen 450 und 750 Euro, gutes Gewissen inklusive. (Raphael Honigstein/Der Standard/rondo/20/04/2007)