Neben dem EuGH (siehe EU-Kehrtwende im Vergaberecht ) sorgt auch die EU-Kommission bei der In-House-Vergabe für Überraschungen. Vor Kurzem hat sie ein Verfahren eingestellt, in dem sie Deutschland wegen einer In-House-Vergabe eine Vertragsverletzung vorgeworfen hatte (IP/07/357 vom 21. 3. 2007).

Die vier nordrhein-westfälischen Gemeinden Langerwehe, Inden, Linnich und Würselen hatten den "Zweckverband Regio Entsorgung" geschaffen und mit der kommunalen Abfallbeseitigung beauftragt. Da bei der Beauftragung kein öffentliches Vergabeverfahren durchgeführt wurde, bezichtigte die Kommission Deutschland zunächst der Verletzung der EG-Verträge. Der europarechtliche Einfluss auf das Vergaberecht in den EU-Ländern ist dominant. In weiten Bereichen erschöpft sich die nationale Gesetzgebung in der wörtlichen Übernahme von EU-Vorgaben. Dementsprechend aufmerksam werden Entscheidungen der EU-Organe in den Mitgliedsländern verfolgt.

Gemeinden müssen, wie alle öffentlichen Auftraggeber, ihre Beschaffungen nach den vergaberechtlichen Regeln gestalten. Ausnahmen dieser Verpflichtung sind für In-House-Vergaben vorgesehen, also für Aufträge, die Gemeinden an ihnen nahe stehende Gesellschaften erteilen.

Schrittweise hat der EuGH die Zulässigkeit der In-HouseVergaben eingeschränkt. Zuletzt schienen die in der Praxis zahlreichen und beliebten Kooperationen im kommunalen Bereich, wie etwa auf den Gebieten der Abfallbeseitigung und der Abwasserentsorgung, infrage gestellt. Doch im Fall der deutschen Gemeinde vertritt die Kommission nun die Ansicht, die Beauftragung des gemeinsam geschaffenen Zweckverbandes mit der kommunalen Abfallbeseitigung stelle keine Vergabe von Dienstleistungen, sondern lediglich eine "Maßnahme interner Organisation" dar, sodass vergaberechtliche Bestimmungen gar nicht zur Anwendung kämen. Diese Einschätzung beinhaltet eine große Erleichterung für öffentliche Auftraggeber, und der EuGH zeigt sich bereits mit seiner jüngsten Entscheidung bereit, diese Auffassung umzusetzen. (Nora Kluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.04.2007)