Wien - Die junge Frau spricht kaum. "Entweder sie schläft gar nicht, oder sie schläft nur", ist Herr M. besorgt um seine Schwester. Seit acht Jahren lebt er in Österreich, arbeitet hier, fühlt sich wohl. Aus den Gesichtern der anderen Familienmitglieder ist jedoch nur Verunsicherung und Angst abzulesen. Im Mai 1999 kamen sie nach Österreich: Vater, Mutter und die drei Kinder. In der Nähe von Orahovac besaß Familie M. ein Haus. Dann schlugen Granaten ein und verwandelten es in eine unbewohnbare Ruine. Flucht war die einzige Überlebenschance. Selbst der schwer kranke Vater nahm die Strapazen auf sich. Die Kosovo-Flüchtlingsaktion der österreichischen Bundesregierung hat ihnen damals mit ziemlicher Sicherheit das Leben gerettet. Die 23-jährige Frau wirkt abwesend. Ihr haben die Kriegswirren, die Flucht und der Tod des Vaters, der vergangenen September starb, am meisten zugesetzt. "Sie hat Depressionen und ist deswegen auch in Behandlung", ist Herr M., der älteste Bruder, besorgt. Große Angst Nun ist die Kosovo-Flüchtlingsaktion zu Ende und die Angst groß: "Für uns wäre die Rückkehr eine Katastrophe", übersetzt Herr M. die leisen Worte seiner Mutter, "das Haus ist zerstört, es gibt keinerlei Verkehrsmittel und keine Chance auf Beschäftigung." Auch von Sicherheit könne keine Rede sein, meint Herr M.: "Wir leben ja am Land. Die UNO-Truppen konzentrieren sich aber eher auf die größeren Städte. Meine Familie will unbedingt hier bleiben." Deshalb haben die Betreuerinnen von der Pfarre Penzing, die die Wohnung der Familie betreuen, einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestellt - aus humanitären Gründen: "Wir sind optimistisch, dass alle bleiben dürfen." Für die beiden Kinder hätte man sogar Arbeitsplätze in Aussicht. Doch selbst ein positiver Bescheid würde noch nicht alle Probleme lösen - denn was tun, wenn dieser wieder nur eine aufschiebende Wirkung hat? Eine der beiden Betreuerinnen versucht zu beruhigen: "Die Stadt Wien engagiert sich da wirklich sehr." Herr M. nickt: "Meine Schwester soll endlich wieder ruhig schlafen können." STANDARD-Mitarbeiter Andreas Tröscher