Österreich hat einige der größten Hürden für das Land bereits aus dem Weg geräumt und setzt sich für einen raschen Abschluss der Verhandlungen ein.

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"Danke, Österreich" titelten kroatische Zeitungen im November 2005 auf Deutsch, als die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU eröffnet wurden. Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik hatte in endlosen Gesprächen mit ihrem britischen Kollegen Jack Straw schließlich durchgesetzt, dass der Kroatien-Beitritt getrennt von dem der Türkei behandelt wird. Ohne diese Trennung, die Großbritannien lange kategorisch abgelehnte, hätte Kroatien vermutlich noch sehr lange auf seinen EU-Beitritt warten müssen.

2009 will Kroatien nun der EU beitreten, und dieses Datum wird in Brüssel als recht realistisch angesehen. Es wäre ein guter Zeitpunkt, wird in jenem Jahr doch auch das EU-Parlament gewählt und die Kommission neu bestellt.

Allerdings hängt das Datum nicht nur von Kroatien ab. Vor einem weiteren Beitritt muss die Union die Verfassungsfrage lösen und damit auch den Institutionen neue Spielregeln geben. Die Stimmrechte im Rat sollen neu verteilt werden, und auch die EU-Kommission muss schrumpfen; nicht jedes Land wird immer einen Vertreter in der Kommission haben. Die derzeitige EU-Ratspräsidentin, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, will bis Juni einen Plan vorlegen, wie die Verfassungsfrage bis Anfang 2009 geregelt werden soll.

Justizreformen eingemahnt

Doch auch die Probleme, die Kroatien selbst lösen muss, um EU-reif zu werden, sind noch sehr umfangreich. EU-Justizkommissar Franco Frattini hat von Kroatien schon mehrmals weitere Reformen im Justizbereich gefordert. Der Vizepräsident der EU-Kommission betonte vor Kurzem in Zagreb, dass Kroatien konkrete Ergebnisse zeigen müsse - nicht nur im Zusammenhang mit der EU-Annäherung, sondern auch im Interesse der eigenen Bürger: "Ich respektiere die Anstrengungen Ihrer Regierung auf dem Weg zur EU-Integration, aber es gibt noch viel zu tun, nicht nur bei der Reform der Gesetzgebung, sondern auch bei der Durchführung."

Ähnlich wie bei den jüngsten EU-Beitritten von Rumänien und Bulgarien ist Korruption vor allem im Justizsystem und im Polizeiapparat ein bisher ungelöstes Problem. Einen fixen Beitrittstermin wird die EU Kroatien nicht nennen: Das ist die Lehre aus den Beitrittsverfahren von Rumänien und Bulgarien. Diesen beiden Ländern wurde der fixe Termin Jahresbeginn 2007 oder spätestens 1. 1. 2008 genannt - unabhängig vom Fortschritt der Reformen. Das Ergebnis war, dass mit dem fixen Datum der Reformeifer spürbar erlahmte. Diesen Fehler will die EU nicht wiederholen.

Umstrukturierung der Industrie

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat Kroatien aufgefordert, angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen im November bei Reformen nicht nachzulassen. Kroatien sei derzeit "mit voller Geschwindigkeit" in den Beitrittsverhandlungen unterwegs, sagte Rehn. Allerdings müsse Kroatien weitere Schritte zur Reform der Justiz und im Kampf gegen die Korruption setzen. Diese Reformen seien auch notwendig, um ein Umfeld für Investoren zu schaffen. Außerdem müsse Kroatien die Restrukturierung wichtiger Bereiche wie der Stahl- und Schiffbauindustrie intensivieren, forderte Rehn.

Die Wirtschaft Kroatiens entwickelt sich derzeit ein wenig unter den Erwartungen: Österreichs Außenhandel mit Kroatien hat sich in den vergangen Jahren zwar gut entwickelt, die Entwicklung könnte aber, wie der österreichische Handelsdelegierte Peter Hasslacher im Februar meinte, noch besser sein. Im Vorjahr nahm der Handel mit Kroatien unterdurchschnittlich um nur fünf Prozent zu und erreichte ein Volumen von zwei Milliarden Euro. Im selben Zeitraum habe der Handel mit Slowenien jedoch um 15 Prozent auf drei Mrd. Euro zugelegt, obwohl Slowenien nur halb so viele Einwohner zähle wie Kroatien.

Bei der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung liegt Kroatien mit einem Wachstum 2006 von 4,5 Prozent hinter einigen Konkurrenten.

Doch ein EU-Beitritt allein ist Kroatien zu wenig: Bereits im kommenden Jahr will das Land Nato-Mitglied werden. Die Regierung in Zagreb erwartet, im Frühjahr 2008 von der Nato zur Mitgliedschaft eingeladen zu werden. Die Nato-Mitgliedschaft sei gleichzeitig die "Einleitung" zum EU-Beitritt des Balkanlandes, hieß es dazu in Regierungskreisen. Im Gegensatz zu einem EU-Beitritt ist eine Nato-Mitgliedschaft in Kroatien allerdings sehr umstritten.

Nichtregierungsorganisationen haben ein Referendum verlangt. Dies sei notwendig, weil die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Mitgliedschaft sei, hieß es in einer Stellungnah- me von 32 Bürgergruppen. Die Organisationen wollen den Volksentscheid notfalls mit einer Unterschriftensammlung erzwingen. Nach Meinungsumfragen verschiedener Medien befürworten derzeit nur 37 bis 43 Prozent der Kroaten einen Nato-Beitritt. (Michael Moravec/DER STANDARD, Printausgabe, 24.4.2007)