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Umaru Yar'Adua soll Nigerias nächster Staatspräsident werden.

Foto: AP
Bevor der Wahlkampf begann, war er selbst im Bundesstaat Katsina, den er seit acht Jahren regierte, weitgehend unbekannt: Umaru Yar'Adua (56), Chemielehrer und seit Montagabend Nigerias gewählter Präsident, ging gelegentlich auch zu Fuß zur Trafik unweit des Gouverneurspalastes, um sich eine einzelne Zigarette zu kaufen. Yar'Aduas Unterstützer sehen das als Beweis für seine Bodenständigkeit - seine Kritiker als Beleg für fehlendes politisches Standing.

In der eigenen Partei war die Überraschung groß, als der scheidende Präsident Olusegun Obasanjo dem Muslim aus dem Norden quasi im Alleingang zur Kandidatur verhalf. Mindestens zehn mächtigen Parteibonzen soll Obasanjo andere Posten verschafft oder Verfahren wegen Korruption angedroht haben, damit sie den Weg für Yar'Adua freigaben. Als "Marionette Obasanjos" ist er seitdem verschrien, auch in den eigenen Reihen.

Unbeeindruckt

Doch der zurückhaltende, stets mit sanfter Stimme sprechende Mann scheint von all dem Streit unbeeindruckt. "Ich fühle mich sehr geehrt von dem mir verliehenen Mandat", erklärte Yar'Adua Montagabend, während bereits öffentlich sein Rücktritt gefordert wurde. Yar'Aduas erste Bewährungsprobe steht fest: In den kommenden Wochen wird er den Proteststurm aushalten müssen, den seine Ernennung in weiten Teilen der Bevölkerung entfacht hat.

Doch der 56-Jährige hat Krisen schon in der Vergangenheit einfach ausgesessen. Kritiker warfen ihm vor, als Gouverneur öffentliche Bauaufträge an Verwandte und Freunde vergeben zu haben. Yar'Adua schwieg sich dazu aus - ebenso wie zu seiner mysteriösen Krankheit, wegen der er im März seinen Wahlkampf unterbrechen und zur Behandlung nach Deutschland fliegen musste. Seine Reden sind stets von hartnäckigem Husten unterbrochen.

Scharia

In seinen Jahren in Katsina hat Yar'Adua das Straßennetz ausgebaut, die Ausbildungssituation verbessert und islamisches Scharia-Recht eingeführt. Der Ex-Marxist gilt für nigerianische Verhältnisse als integer. Was genau er in den kommenden vier Jahren als Präsident erreichen will, ist hingegen auch nach monatelangem Wahlkampf unklar.

Angekündigt hat er, die Politik Obasanjos mit den Schwerpunkten Privatisierung und Korruptionsbekämpfung fortzusetzen. In seinem Wahlprogramm stehen außerdem die Verbesserung der Stromversorgung im von ständigen Blackouts geplagten Land und die Förderung landwirtschaftlicher Entwicklung.

Manche Kommentatoren in Nigeria halten zudem eine Überraschung für möglich: Dass Yar'Adua nach Obasanjos Pfeife tanzen wird, sei noch nicht ausgemacht. Der stille Mann aus dem Norden sei durchaus für seine Eigensinnigkeit bekannt - vorausgesetzt, er überlebt politisch bis zum Amtsantritt Ende Mai. (Marc Engelhardt, DER STANDARD, Printausgabe 25.4.2007)