Über das österreichische Schulsystem zu informieren, ist Aufgabe der Wiener Schulinfo für MigrantInnen.

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Serafettin Yildiz, Mitarbeiter der Wiener "Schulinfo für MigrantInnen".

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"Eine Informationsstelle für SchülerInnen mit migrantischem Hintergrund bietet der Stadtschulrat für Wien bereits seit nahezu 20 Jahren", sagt Serafettin Yildiz, Mitarbeiter der "Schulinfo für MigrantInnen". Kürzlich haben die drei MitarbeiterInnen der Einrichtung ein neues Gebäude unweit des Rathauses bezogen. Vor rund 20 Jahren bot der Stadtschulrat die "Schulberatung für Ausländer", später die "Schulberatung für MigrantInnen", heute hat man sich auf den Begriff "Schulinfo für MigrantInnen" geeinigt.

"Im Laufe der Zeit haben sich die gesellschaftlichen Gegebenheiten verändert und somit auch die Begrifflichkeiten", meint Yildiz, der anhand der Entwicklung der Schulinfo- Stelle auch ein Stück Zeitgeschichte für Wien beschreibt.

GastarbeiterInnen blieben

In den 60er Jahren, als viele GastarbeiterInnen nach Österreich kamen, sei man davon ausgegangen, dass der Großteil wieder zurück in sein ursprüngliches Heimatland gehen wird, meint der Mann türkischer Herkunft. Spätestens nach zwanzig Jahren sei klar geworden, dass die Familien hier sesshaft werden wollen - doch die schulischen Strukturen waren dafür nicht vorhanden. "Heute hat fast jedes dritte Kind in den Wiener Pflichtschulen einen Migrations-Hintergrund. Diese Kinder sind Bestandteil unserer Gesellschaft und sie sind die Zukunft dieses Landes", erklärt Yildiz. Die schulischen Strukturen der Stadt Wien bewertet er im Vergleich zu den anderen Bundesländern als "gut gerüstet".

Stellenwert Bildung

Einen Beitrag zur Integration soll die Schulinfo leisten. Im Schuljahr 2006/2007 beantwortete man fast 10.300 Anfragen, die zum überwiegenden Teil von Eltern, aber auch von LehrerInnen und SchülerInnen gestellt wurden. Die Beratung erfolgt in bosnischer, kroatischer, serbischer und türkischer Sprache. "Viele MigrantInnen kommen aus sehr einfachen Verhältnissen. Da muss zuerst einmal erklärt werden, wie unser Schulsystem und die bürokratischen Wege funktionieren," erzählt Yildiz. Außerdem sei es seine wesentliche Aufgabe, den Menschen den Stellenwert von Bildung zu vermitteln.

"Viele haben eine Skepsis gegenüber Inländern, aber auch gegenüber dem österreichischen Schulsystem entwickelt, sie fühlen sich oft ungerecht behandelt", meint Yildiz. Das sei auch kein Wunder, wenn MigrantInnen Sprüche wie "Wien darf nicht Istanbul werden" auf den heimischen Plakatwänden zu lesen bekämen. Auch bei Konflikten zwischen Schule, Eltern und Schülern wolle die Schulinfo vermitteln.

Vielfalt als Chance

"Das Lehrerdasein ist ein eigenartiges Phänomen", meint Yildiz, denn wenn man über Jahre hinweg das selbe Fach unterrichtet, trete oft so etwas wie eine starre Routine ein. "Sich als Lehrer damit zu beschäftigen, wie Integration von SchülerInnen mit nicht deutscher Muttersprache funktionieren kann, Gewohntes zu hinterfragen und über den Tellerrand zu blicken, kann für Pädagogen eine bereichernde Herausforderung sein", sagt der Schulexperte. Das der Prozess nicht einfach ist, sei unbestritten. Dem oft angeführten Argument, das schulische Leistungsniveau sinke in gemischten Klassen, stellt Yildiz entgegen: "Interkulturelle Kompetenz und von Menschen aus anderen Kulturkreisen zu lernen, sind Aspekte, die unsere heutige Leistungsgesellschaft nicht anerkennt, aber ich bin überzeugt, dass uns das weiterbringt", so Yildiz. (Katrin Burgstaller/ derStandard.at, 2. Mai 2007)