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Wählen mit 16 wird umgesetzt

foto: apa/HERBERT PFARRHOFER
Der Ministerrat hat am Mittwoch das Wahlrechtspaket beschlossen. Gewählt wird künftig bereits mit 16, gerne auch per Post und auf Bundesebene für fünf Jahre. Die Opposition will im Gegenzug mehr Kontrollrechte.

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Das Wahlrechtsreformpaket, das Mittwoch den Ministerrat passiert hat, beinhaltet kleinere und größere demokratiepolitische Veränderungen. Eine kleinere Modifikation: Statt mit Tinte darf das Kreuzerl künftig auch mit Kugelschreiber gemacht werden, wird im Gesetz festgeschrieben.

Wesentlich gehaltvoller scheinen da schon folgende Teile der Wahlrechtsreform: Das aktive Wahlalter wird auf 16 Jahre gesenkt. Wählen lassen darf man sich künftig auch ein Jahr früher, nämlich mit 18. Einzige Ausnahme bildet die Wahl zum Bundespräsidenten: Hier bleibt das niedrigste passive Wahlalter bei 35 Jahren.

Tauschformel

Weiters mit im Wahlrechtspaket: Die Einführung der Briefwahl, mit der sich die ÖVP nun durchsetzte. Im Gegenzug gab\s für die SPÖ Wählen mit 16. Außerdem wird die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängert. Das alles soll noch vor dem Sommer vom Parlament beschlossen werden und mit Jahresbeginn 2008 in Kraft treten.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SP) freute sich nach dem Ministerrat bereits über einen "großen demokratiepolitischen Schritt nach vorne". Er erwartet sich von der politischen Tauschformel Briefwahl für Wahlaltersenkung jedenfalls "dass die Wahlbeteiligung wieder steigen wird".

Damit rechnet auch Vizekanzler Wilhelm Molterer (VP). Er sprach von einem "großen Wurf" und hofft, "dass die Einladung zur Demokratie auch angenommen wird".

Das sieht wiederum der Politologe Fritz Plasser skeptisch: Für Plasser ist die Wahlaltersenkung "vermutlich tatsächlich ein zu früher Schritt", auch wenn die Reform in zehn Jahren rückblickend vielleicht als "sehr mutige Initiative" gesehen werden könnte. Plasser fürchtet, die Zielgruppe der 16- bis 18-Jährigen könnte mehrheitlich noch nicht genügend Bewusstsein für die neuen Möglichkeiten entwickelt haben. Und er attestiert auch den politisch Verantwortlichen, sich die Wirksamkeit dieser Maßnahme wohl noch nicht hinreichend überlegt zu haben.

Skeptisch sind auch die Verfassungsjuristen Heinz Mayer und Theo Öhlinger: Öhlinger ist sich nicht sicher, ob mit der Briefwahl die Freiheit der Wahl gewährleistet bleibt. Und Mayer hält Manipulationen in der Folge für "leichter möglich". Diese Sorgen hält wiederum der Staatsrechtler Bernhard Raschauer für unbegründet: "Bei der Briefwahl geht es nur um die Geheimhaltung", sagt Raschauer zum Standard, das habe mit möglichen Einschränkungen der freien Wahl "nichts zu tun". Die freie Wahl sei nur dann bedroht, wenn es sich um eine unzulängliche staatliche Einflussnahme handle. Aber, so Raschauer: "Bei der Briefwahl geht es rein um Organisatorisches."

Und das will die Regierung mittels Brief-in-Brief-Wahlprozedere lösen. Doch die nächste Herausforderung steht bereits bevor: Sie heißt E-Voting und ist im neuen Wahlrechtspaket noch kein Thema.

Vizekanzler Molterer kündigte immerhin an, prüfen zu wollen, inwieweit die elektronische Wahlmöglichkeit künftig zum Einsatz kommen kann.

Minderheitenrechte

Geht es nach der Opposition, muss sich die Regierung jetzt auch um die Stärkung der parlamentarischen Minderheitenrechte kümmern. So will etwa die grüne Vize-Chefin Eva Glawischnig die Verlängerung der Legislaturperiode daran geknüpft sehen, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Minderheitenrecht wird. Für Glawischnig ist es zudem "ein Armutszeugnis", dass Volksbegehren nicht über das Ende einer Legislaturperiode hinaus im Parlament behandelt werden müssen.

Auch FP-Obmann Heinz-Christian Strache fordert von der Regierung ein "umfassendes Demokratiepaket" ein. Und BZÖ-Chef Peter Westenthaler wünscht sich mehr Mut im Umgang mit der direkten Demokratie. Wählen mit 16 finden alle drei Oppositionsparteien gut. (von Andrea Heigl und Karin Moser/DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2007)