In Zeiten ständig wachsenden Wettbewerbs wird es sowohl für den Handel als auch für die Industrie immer wichtiger, die angebotenen Waren verkaufsfördernd zu präsentieren, um so den eigenen Umsatz zu steigern. Diese Präsentation erfolgt sowohl durch möglichst attraktive Regalgestaltung durch Regalbetreuer als auch durch das direkte Anbieten der Ware durch Werbedamen in den Geschäftsräumen.

Da es für Regalbetreuer und Werbedamen eigene Gewerbescheine gibt, werden die entsprechenden Tätigkeiten aus Kostenersparnisgründen aus dem eigenen (sowohl Handels- als auch Hersteller-)Unternehmen ausgelagert und an Personen mit einem solchen Gewerbeschein übertragen. Mit diesem Konzept ersparen sich die Auftraggeber sowohl die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften als auch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, während die häufig nur für einen einzigen Auftraggeber tätigen Regalbetreuer und Werbedamen als Unternehmer das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit selbst tragen.

Freie Zeiteinteilung

Dieses Modell kann aus rechtlicher Sicht durchaus Sinn ergeben, und es kann auch keine Umgehungsabsicht unterstellt werden, wenn das Auftragsverhältnis sowohl vertraglich also auch tatsächlich bestimmten Kriterien entspricht. Sind die Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig, können sie sich ihre Zeit frei einteilen und sich auch vertreten lassen, stehen die Chancen gut, dass weder die arbeitsrechtlichen noch die Bestimmungen des ASVG anwendbar sind.

Ungeeignete Modelle

In der Praxis stehen allerdings – auch bei Vollzeit_beschäftigten – zwei Modelle im Vordergrund, die zur Vermeidung der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen nicht geeignet sind.
  • Auf der einen Seite besteht die Tendenz, den dem Auftrag zugrunde liegenden Vertrag unabhängig von dessen Inhalt "Werkvertrag" zu nennen und jene Auftragnehmer, die über keinen Gewerbeschein verfügen, als so genannte "neue Selbstständige" zu behandeln.

  • Auf der anderen Seite herrscht weit gehend die Ansicht, dass der Auftragnehmer ab dem Moment, ab dem er einen Gewerbeschein sein Eigen nennt, jedenfalls Unternehmer ist. In beiden Fällen geht der Auftraggeber davon aus, dass er aufgrund der gewählten Konstruktion nicht vom arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Ballast betroffen ist.

    Beides ist allerdings unrichtig. Weder beim Einräumen von Regalen noch beim direkten Präsentieren von Waren handelt es sich um die Erbringung eines Werks. Das Vertragsverhältnis ist meist auch nicht nach einem Auftrag beendet, sondern besteht über längere Zeit hinweg. Es liegen also zumindest dienstnehmerähnliche Dauerschuldverhältnisse vor. Bei den "neuen Selbstständigen" handelt es sich überdies nicht um Personen, die zu solchen werden, weil man sie so nennt.

    Bezüglich der Auftragnehmer mit Gewerbeschein ist zu beachten, dass auch ein solcher vor der Anwendbarkeit arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften nicht schützt, wenn durch ihn nur das Vorliegen eines Dienstverhältnisses verschleiert werden soll und tatsächlich Scheinselbstständigkeit vorliegt.

    Oft ist den Auftraggebern das Risiko, das sie aus rechtlicher und insbesondere auch sozialversicherungsrechtlicher Sicht eingehen, gar nicht bewusst. Wird nämlich festgestellt, dass es sich bei Regalbetreuern und Werbedamen tatsächlich um Dienstnehmer im Sinn des Sozialversicherungsrechts handelt, hat der Auftraggeber als Beitragspflichtiger die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge – auch rückwirkend ab Beginn der Versicherungspflicht – zu bezahlen. Dass das auch lohnsteuerrechtliche Konsequenzen haben kann, versteht sich vor selbst.

    Verteuerung

    Auch wenn das entsprechende Risiko auf eine der zahlreichen mittlerweile bestehenden Merchandisingagenturen überwälzt wird, ist es allerdings relevant, wie deren Auftragsverhältnisse gestaltet sind. Wird der sozialversicherungspflichtige Sachverhalt nämlich in Bezug auf die Agentur festgestellt, so müssen nicht nur Industrie und Handel mit einer empfindlichen Verteuerung der Warenbetreuung rechnen, sondern letztlich auch die Konsumenten, auf die solche Kosten überwälzt werden. (Mirjam Sorgo, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 08.05.2007)