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Nicht immer scheint die Bekämpfung von Waldbränden von Vorteil zu sein. In Kanada entstanden dadurch überalterte Baumbestände, die bevorzugt von Borkenkäfern angegriffen werden.

Foto: Reuters//DND/Cpl WC Gomm
Grafik: STANDARD

Die kanadischen Wälder werden von einem Gegner attackiert, der gefährlicher ist als Kahlschlag und Zersiedlung zusammen. Der Kiefernborkenkäfer hat in Westkanada bereits Millionen Hektar Kieferbestände vernichtet. Nach dem Befall werden die sterbenden Tannen zu Mahnmalen mit rostroten Nadeln. Letztlich bleiben nur noch graue, kahle Gerippe zurück. Die Epidemie ist derart außer Kontrolle geraten, dass die Regierung der Provinz Alberta den Notstand für ihre Wälder erklärt hat.

"Die Front im Krieg gegen den Kiefernborkenkäfer hat sich von British Columbia nach Alberta verlagert", sagte der zuständige Provinzminister Ted Morton und setzte umgerechnet weitere 32 Millionen Euro gegen die Käferepidemie ein; mehr als das Doppelte der Ausgaben im vergangenen Jahr. In Alberta sind bereits rund drei Millionen Kiefern im Absterben.

Touristenziele wie der Nationalpark von Banff in den Rocky Mountains sind vom Kiefernsterben betroffen. Es habe auch schon früher Borkenkäferplagen gegeben, sagt die Geografin Trisalyn Nelson von der Universität Victoria, "aber diesmal ist es schlimmer als alles, was wir kennen".

Zu warme Winter

Die Epidemie überquerte im vergangenen Sommer die natürliche Schranke der Rocky Mountains und hat nun Gebiete im Norden Albertas erreicht, wo die Borkenkäfer früher nie anzutreffen waren. Heute sind in Westkanada geschätzte 14 Millionen Hektar Wald in Mitleidenschaft gezogen, mehr als das Eineinhalbfache der Fläche Österreichs.

"Das ist eine Folge der globalen Erwärmung", sagt Allan Carroll, der Borkenkäferexperte des Forstdiensts in Victoria. Früher kamen die Käfer während längerer Kältephasen im Winter um. Aber im Innern von British Columbia zum Beispiel sind die Winter in den vergangenen 50 Jahren durchschnittlich um zwei Grad wärmer geworden.

Der zweite Grund für die rasante Verbreitung der Käfer ist Verhütung von Waldbränden in den vergangenen Jahrzehnten: Die Wälder sind überaltert, und die Tiere greifen vorzugsweise ältere Bäume an. Viele befallene Kiefern werden gefällt und verbrannt. Auch Duftfallen werden eingesetzt. Aber Kanadas Wälder sind für eine effiziente Bekämpfung zu groß.

"Es übersteigt unsere Möglichkeiten, den Befall unter Kontrolle zu bringen", sagt Carroll. Trotzdem will die Regierung in den kommenden zehn Jahren umgerechnet 650 Millionen Euro für den Kampf gegen die Plage einsetzen. Die Behörden wollen vor allem verhindern, dass sich die Epidemie weiter gegen Osten ausbreitet.

In Alberta allein könnten Kiefern, deren Holz mehr als 15 Milliarden Euro wert ist, vernichtet werden. Experten schätzen, dass im Jahr 2013 rund 80 Prozent aller Kiefern im Westen Kanadas zerstört sein werden.

(Bernadette Calonego aus Vancouver/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. 5. 2007)

---> Befall in Österreich hoch wie noch nie

Befall in Österreich hoch wie noch nie

Auch hierzulande fressen sich die Borkenkäfer durch (un)gesunde Festmeter Holz

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Wien – Die Warnung war schon ausgesprochen, bevor sie überhaupt spruchreif wurde: Die Borkenkäfer kommen. Nachdem Ende Januar der Sturm "Kyrill" über Österreich gefegt war und in den Wäldern im niederösterreichischen Waldviertel, im oberösterreichischen Mühl- und Innviertel und im Salzburger Flachgau 3,31 Millionen Festmeter Holz umgeworfen hatte, begannen die Waldbesitzer bereits, das beschädigte Holz abzutransportieren. Die Gefahr war zu groß, dass Borkenkäfer diese ideale Nahrungs- und Brutstätte beziehen könnten.

Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) rechnet mit weiteren drei Millionen Festmetern an von Borkenkäfern befallenem Holz. Ein so großer Befall war bisher nicht da gewesen, sagte Hannes Krehan vom BFW.

Vor allem über Fichten würde sich der Borkenkäfer hermachen, er könnte heuer drei Generationen hervorbringen. In zwei Wochen wird die erste Generation am Werk sein. Der milde Winter und auch die anhaltende Trockenheit könnten zu einer Massenvermehrung des Schädlings führen, befürchtet die Interessenvertretung "Land&Forstbetriebe Österreichs". Durch die geringe Wasserzufuhr besteht auch für noch gesunde Bäume die Gefahr, geschwächt und befallen zu werden.

Der Klimawandel bewirkt, dass die Waldgrenze nach oben rückt und Bäume in tieferen Lagen zunehmend mit Schädlingsbefall zu kämpfen haben werden. Am meisten betroffen ist die Fichte, die mit 50 Prozent die häufigste Baumart in Österreichs Wäldern darstellt.

Derzeit werden zum Abtransport des Schadholzes auch Fangbäume, um die Käfer leichter unschädlich zu machen, ausgelegt. Die Empfehlung der Experten ist, befallenes Holz sofort aus dem Wald zu schaffen. (Marijana Miljkovic/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. 5. 2007)