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Im In- und Ausland will sich der neue Verbund-Chef Pistauer vor allem auf erneuerbare Energieträger - die Wasserkraft - konzentrieren.

Foto: APA/Günter R. Artinger
Wien - Der neue Verbund-Generaldirektor Michael Pistauer möchte die von ihm angestrebte "Konsolidierung der österreichischen Strombranche" sehr rasch angehen. Bis 2008 müsste man wissen, ob es zu einer sinnvollen Lösung kommen könnte. Darüber sprechen möchte er in erster Linie mit den qualifizierten Verbund-Minderheitsaktionären Wien Energie und EVN: "Wir sollten alle Bemühungen anstellen, hier weiterzukommen." Eine reine Vertriebskooperation wäre nicht mehr zeitgemäß.

"Signale aus der Politik" zu einer Neuordnung in der Branche habe er noch nicht, sagte Pistauer, doch registriere er von dort "Vertrauen". Freilich müssten sich die jetzigen öffentlichen Mehrheitseigner und ihre "Positionierungen" auch in einer neuen Konstellation "wiederfinden" können. Wie dies gesellschaftsrechtlich zu bewerkstelligen sei, lasse sich jetzt noch nicht sagen. Das Gespräch zu den Landes-Versorgern sei jedenfalls "historisch unverkrampft".

Einstiegsabsichten

An den grundsätzlichen Einstiegsabsichten des Verbund bei der Energie Steiermark habe sich nichts geändert, wenngleich man zur Kenntnis zu nehmen hatte, dass der Anteil der französischen EdF und GdF nicht zur Disposition stehe. Gespräche über einen möglichen Anteilstausch in der Steiermark habe es nicht gegeben. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, wonach die deutsche EnBW einen Großteil ihres 37,2-Prozent-Anteils an der EVN an den Verbund abtreten könnte und dieser im Gegenzug seine Steweag/Steg-Beteiligung hergeben könnte; damit entstünde eine Kreuzbeteiligung mit der EVN, die bereits 12,5 Prozent am Verbund hält.

Bezüglich des EVN-Anteils habe man keine Signale von EnBW erhalten, und mit EVN habe er darüber auch noch nicht gesprochen, denn: "Der Verbund würde und könnte sich damit nur befassen, wenn das von der EVN gewünscht würde und das für uns sinnvoll wäre."

Bei der Energie AG Oberösterreich (EAG) habe man zur Kenntnis genommen, dass ein Börsegang geplant sei, "daher ist das Thema für uns vorläufig abgeschlossen", sagte der seit heute, Freitag, als Nachfolger von Hans Haider amtierende neue Chef des größten heimischen Stromkonzerns.

Die 51-Prozent-Mehrheit der Republik Österreich am Verbund steht für Pistauer außer Frage. Ohne diese verfassungsmäßig verankerte Mehrheit wäre der Verbund auf Grund seiner Produktionsressourcen (Wasserkraft) "eines der begehrtesten Akquisitionsobjekte der Branche in ganz Europa. Die 51 Prozent haben den Verbund vor einer Übernahme geschützt."

Wasserkraft-Fokus im In- und Ausland

Im In- und Ausland will sich Pistauer vor allem auf erneuerbare Energieträger - die Wasserkraft - konzentrieren. Dies gelte zum Beispiel für das neue Joint-Venture in der Türkei, wo man mit der Sabanci-Gruppe als Partner bis 2015 ein Zehntel des Strommarktes beherrschen möchte. Und es gelte möglicherweise auch für Russland, wo sich der Verbund noch in einer Prüfungsphase zu einem Milliarden-Projekt mit Hydro OGK, dem größten Wasserkraftkonzern des Landes, befindet. Pistauer zur Austria Presse Agentur (APA): "Bei unseren Auslandsengagements stehen wir ja eigentlich - außer in Italien - erst am Anfang."

In Südosteuropa werde sich der Verbund mit einzelnen Ländern auseinander setzen. In Griechenland will der Verbund wie berichtet in Kooperation Kraftwerkskapazität errichten. Mit Rumänien setze man sich auseinander. In Mazedonien wolle man an den Kraftwerks-Privatisierungen teilnehmen, und auch Albanien sei interessant. Bei Engagements in dieser Region liege es natürlich auf der Hand, über Kooperationen mit der EVN nachzudenken, die in Bulgarien und Mazedonien Verteilgesellschaften besitzt.

Wachstum im Ausland

Nach einer Phase der Restrukturierung sei für den Verbund jetzt eine Periode des Wachstums im Ausland und auch im Inland. Den Inlandsabsatz steigern wolle man einerseits durch eine Reaktivierung der Geschäfte mit mehreren Landes-EVU und andererseits mit Stromverkäufen an Endkunden, deren Zahl bis Jahresende von 100.000 auf 150.000 anwachsen soll: "Wir bleiben im Endkundenmarkt in der derzeitigen Positionierung." Beim Strompreis wolle man international gesehen immer zu den günstigsten Anbietern gehören.

Auf Europa-Ebene würden die Energiepreise in Zukunft sicher ansteigen, wegen der Primärenergiepreise und der Klimaschutzziele. Sorgen bereite dem Verbund die Zuteilung der CO2-Zertifikate im Inland; dadurch würden Projekte wie das Gaskraftwerk Mellach bei Graz in Frage gestellt, obwohl die Energiebranche bisher zur Kyoto-Erfüllungsquote den größten Beitrag geleistet habe.

Das Verbund-Ergebnis des Jahres 2007 hänge stark von der weiteren Entwicklung der Strom-Spotmarkt- und Forward-Preise ab. Die Forwards für 2008 lägen bereits bei 54 bis 55 Euro je MWh (base load) bzw. 80 Euro/MWh (peak) gegenüber aktuell 30 bzw. 38 Euro am EEX-Spotmarkt. Das erste Quartal sei zwar mit einem EBIT-Anstieg um 12 Prozent auf 240 Mio. Euro "sehr gut" gewesen. Doch wäre das Ziel schon "durchaus ambitioniert", im Gesamtjahr um 10 Prozent über dem Vorjahr zu liegen. Daher seien auch Dividendenaussagen jetzt noch nicht möglich.

Anhebung der Dividende

Grundsätzlich halte er eine Anhebung der Pay-Out-Ratio von zuletzt 46 Prozent "in Richtung 50 Prozent" für gut. Für 2006 hatte der Verbund bei einem Gewinn von 1,63 (1,13) Euro je Aktie die Dividende von 0,50 auf 0,75 Euro je Aktie angehoben. Gestern, Donnerstag, gaben die Verbund-Titel an einem insgesamt schwächeren Markt um 1,60 Prozent auf 37,00 Euro nach. Grundsätzlich müsse man gegenüber den Aktionären "fair sein", denn diese seien "den langen Weg des Schuldenabbaus mit niedrigen Ausschüttungen mitgegangen". Allein im Vorjahr sank das Net Gearing von 97 auf 74 Prozent.

"Als Vision" sieht der bis Ende 2008 bestellte Pistauer einen Börsewert des Verbund von mehr als 20 Mrd. Euro gegenüber den jetzigen rund 11,5 Mrd. Euro. Das sei aber allein über organisches Wachstum nicht machbar. Eine Kapitalerhöhung sei derzeit kein Thema. Der Verbund verfüge über mehr als 800 Mio. Euro operativen Cash-Flow, Ende 2006 waren es 754 Mio. Euro. In der Vergangenheit seien dem Verbund Kapitalerhöhungen, "als wir sie gebraucht hätten", verwehrt worden. (APA)