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Illustration: Standard/Archiv

Kurt Palm

Foto: Michaela Mandel
Nach meiner ohnehin dezent vorgetragenen Kritik an der aktuellen ORF-Programmreform ("Lieber im Gefängnis schmachten, als ‚Mitten im Achten‘ betrachten") erhielt ich eine E-Mail mit der Frage, was ich als ORF-Direktor denn anders machen würde. Also abgesehen davon, dass ich für diesen Job völlig ungeeignet wäre (bin Hysteriker), würde ich sofort sämtliche Kabarettsendungen ersatzlos streichen und stattdessen Gottesdienste live übertragen.

Die sind nämlich lustiger. Anstelle von Talkshows würde ich über das Alltagsleben von Tieren berichten. Das Leben eines Bandwurms, zum Beispiel, stelle ich mir ungleich aufregender vor als das der Frau Russwurm. Fußball könnte bleiben, aber bei mir würden Sie Spiele der unteren Ligen sehen, die definitiv mit dem Bundesliga-Straßenfeger Altach gegen Ried mithalten könnten. Beim Match St. Marienkirchen gegen Taufkirchen (1. Klasse Nord West OÖ), das am vergangenen Wochenende mit einem 8:1-Kantersieg von St. Marienkirchen endete, ist jedenfalls mehr los als beim WM-Finale, und Kopfstöße sind dort sowieso an der Tagesordnung. Handywerbung wäre unter meiner Direktion generell verboten, dafür würde ich Belangsendungen des Österreichischen Stenografenverbands oder der Österreichischen Gesellschaft für Schweißtechnik ins Hauptabendprogramm stellen. Da jeder Mensch schwitzt und sicherlich daran interessiert ist, welche Schweißtechnik sein Sitznachbar in der Straßenbahn gerade anwendet, wäre eine solche Sendung ein sicherer Quotenhit. Und die Tanzerei? Kein Problem. In Lenzing (in der Nähe von Timelkam) gibt es beispielsweise eine sehr aktive Jungschargruppe, die regelmäßig Tanzkurse veranstaltet. Von dort könnte man zu relativ günstigen Konditionen den Knüller "Lenzing Stars" übertragen. Sie sehen, Ideen gäbe es genug.

Und nun zu etwas ganz anderem. Eine Leserin meinte kürzlich, ich würde bei den Geburts- und Sterbetagen zu viele Prominente in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen stellen. Ich glaube das zwar nicht, aber da ich allfälligen Wünschen meiner Leserschaft gerne nachkomme, erinnere ich heute an Personen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht viel bekannter sind als der Libero der Mannschaft von Utzenaich (in der oberösterreichischen Bezirksliga West zurzeit an 10. Stelle). Wir erheben unsere Gläser also auf den bayerischen Räuber Mathias Kneißl (genannt auch Schachenmüller-Hiasl), der am 12. Mai 1875 in Unterweikertshofen geboren wurde und im Alter von 27 Jahren in Augsburg am Galgen endete. Bei einem Räuber kennen sie keinen Spaß, die Bayern. Dann wäre da noch der österreichische Komponist Hermann Grabner (geboren am 12. Mai 1896 in Graz), der mir allerdings suspekt ist, weil er ein Lied mit dem Titel "I bin a Soldat, valera" komponierte. Nicht vergessen sollte man heute auch den am 12. Mai 1978 geborenen iranischen Gewichtheber Hossein Reza Zadeh, der mit 213,5 kg den Weltrekord im Reißen hält. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, aber ich denke, das reicht fürs Erste.

Den 12. Mai aber verstreichen zu lassen, ohne an den berühmten Fettkünstler Joseph Beuys zu denken, geht freilich nicht. Und sei es nur wegen seines Ausspruchs, den man über sämtliche Museeneingänge (nicht Museneingänge) schreiben sollte: "Kunst ist, wenn man trotzdem lacht." Und mit dem Titel einer Beuys-Ausstellung aus dem Jahr 1979 sind wir auch schon wieder am Ende dieser Kolumne angelangt: "Ja, jetzt brechen wir hier den Scheiß ab." (Kurt Palm / ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.05.2007)