Atlanta - Kindesmissbrauch kann die Gehirnchemie dauerhaft verändern. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die an der Emory University School of Medecine (Atlanta, USA) durchgeführt wurde. Frauen, die als Kind missbraucht wurden, so das Forscherteam um Charles B. Nemeroff, reagieren als Erwachsene schon auf geringfügigen Stress ungewöhnlich stark, speziell dann, wenn sie gleichzeitig Symptome einer klinischen Depression zeigen. Die Probandengruppe bestand aus 49 Frauen zwischen 18 und 45 Jahren, die mildem Stress ausgesetzt wurden. Ihre Reaktion darauf wurde am ACTH-Spiegel abgelesen, einem Hormon, das die Hirnanhangdrüse bei Stress ausschüttet. Dabei zeigte sich, dass jene Frauen, die sowohl an Depressionen litten als auch eine Missbrauchsbiografie hatten, sechsmal mehr ACTH produzierten als nicht missbrauchte. Gleichzeitig stiegen ihre Kortisolwerte und ihre Herzfrequenz. Der Studie lag die Missbrauchsdefinition „wiederholter schwerer Missbrauch mindestens einmal monatlich über ein Jahr“ zugrunde. Die Ergebnisse bestätigen einmal mehr, dass traumatische Erfahrungen schwere Auswirkungen auf die Gehirnchemie haben können. Zugleich machen sie deutlich, dass bei der Erforschung psychiatrischer Krankheiten nicht säuberlich zwischen angeboren und erworben („nature and nurture“) unterschieden werden kann. (New York Times/Journal of the Medical Association, 2.8.)