DER STANDARD berichtete bereits am Samstag von der aktuellen Entwicklung.

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DaimlerChrysler-CEO Dieter Zetsche (rechts) besiegelte am Montag mit Cerberus-Boss John Snow (Mitte) und Chrysler-CEO Tom LaSorda den Übernahme-Deal.

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New York - Nachdem über Monate spekuliert wurde, wer den Zuschlag für den Kauf des US-Autobauers Chrysler im Besitz von DaimlerChrysler erhalten würde, ging an diesem Wochenende alles sehr schnell. Zum Zug kam Cerberus, jener mächtige US-Finanzinvestor, der vom Aufkauf maroder Firmen lebt und nun zum dritten Geschäftsquartal dieses Jahres 80,1 Prozent der Chrysler-Anteile übernimmt.

Der Kaufpreis von 7,4 Mrd. Dollar (5,5 Mrd. Euro) liegt weit unter der Summe, die Daimler 1998 zahlte: Damals waren es 36 Mrd. Dollar. Dennoch sprechen alle von einem fairen Geschäft, denn die Stuttgarter werden durch die Veräußerung von großer Last befreit.

Neun Jahre lang haben sie erfolglos versucht, ihre US-Tochter aus den Miesen zu retten. Es gab insgesamt drei Umstrukturierungen, in deren Verlauf nicht nur Manpower und Know-how, sondern auch Milliarden von Dollar aus Deutschland in die Chrysler-Zentrale nach Auburn Hills flossen. Nichts hat geholfen. Der viertwichtigste Autobauer Amerikas verliert weiterhin Marktanteile, vor allem an die Asiaten, und kommt nicht aus den roten Zahlen hinaus.

Im abgelaufenen Jahr stand erneut ein Verlust von 609 Mio. Dollar zu Buche. Chrysler steht im Moment noch schlechter da als die anderen US-Autobauer, meint der Wirtschaftsprofessor Dave Cole, dessen Vater vor drei Jahrzehnten Chef beim Konkurrenten General Motors war. "Wegen der ständigen Unterstützung aus Deutschland hatte Chrysler nie wirkliche Verhandlungsmacht bei den Gewerkschaften, um drastische Einsparungen bei den milliardenhohen Lohnnebenkosten durchzusetzen."

Ron Gettelfinger, Präsident der US-Autogewerkschaft UAW, begrüßt die Übernahme durch Cerberus: "Wir sind froh, dass die Entscheidung gefallen ist, denn jetzt können wir und das Management uns wieder voll auf die Entwicklung und Fertigung von Qualitätsprodukten für die Zukunft widmen." Professor Cole warnt hingegen vor übereilter Euphorie. Seit der Übernahme durch Daimler seien bei Chrysler bereits 53.000 Jobs weggefallen und "Cerberus hatte in der Vergangenheit große Erfolge bei Kostensenkungen, weitere Einschnitte sind programmiert, sonst hätten die nicht angebissen".

Private-Equity-Firmen wie Cerberus sind bekannt dafür, mit ihren Käufen keine langfristigen Investments zu verfolgen, sondern auf Sanierung und schnellstmögliche Wiederveräußerung zu setzen. Bei Chrysler, wo im Juli die nächsten Tarifverhandlungen anstehen, dürften sich die Sanierungen vor allem auf Einsparungen der milliardenschweren Verpflichtungen für Pensionen und Gesundheitsversorgung konzentrieren. Diese werden mit 18 Mrd. Dollar bewertet.

Chrysler ist nicht das erste Investment von Cerberus in der Autobranche. Der Investor ist Teil eines Konsortiums, das im Vorjahr 51 Prozent an der General-Motors-Finanztochter GMAC erwarb, die Darlehen für Häuser und Autos vergibt. Cerberus-Chairman John Snow, dereinst erfolgloser Finanzminister unter George W. Bush, ist sich seiner Sache sicher: "Wir glauben an die Kraft der verarbeitenden Industrie der USA und an die Autoindustrie", sagt er. Auch andere wittern lukrative Möglichkeiten bei den US-Autobauern, was sich daran zeigte, dass neben Cerberus auch der kanadische Autozulieferer Magna und die New Yorker Private-Equity-Firma Blackstone boten. Das schürt natürlich die Fantasien der Marktbeobachter. Viele spekulieren schon jetzt, an wen der sanierte Chrysler-Konzern später verkauft werden könnte. Zwei potenzielle Interessenten, die immer wieder genannt werden: der chinesische Autokonzern Chery sowie Peugeot und Renault. (Beatrice Uerlings, New York, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.05.2007)