Einen einfachen Wett-Gewinn kann man bei vielen Filmfreaks mit folgender Frage erreichen: Was war der letzte Teil von "Der Pate", in dem Marlon Brando mitgespielt hat? Nicht viele würden den richtigen Tipp abgeben: Es war ein Computerspiel. Der zumindest stimmliche Gastauftritt dieser Filmikone im Spiel "Der Pate" ist symptomatisch für eine immer wichtiger werdende Konkurrenzsituation der zwei höchst unterschiedlichen Genres Film und Computer- bzw. Video-Spiel - die jedoch mehr miteinander zu tun haben, als es scheint. Viele Experten sind überzeugt: Die Entertainment-Industrie wandelt sich derzeit grundlegend - und das Publikum wird künftig immer weniger Zeit damit verbringen, nur zuzusehen.

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Immer mehr vor allem junge Menschen wollen ihren Filmhelden nicht mehr nur bewundern - sie wollen selber Held spielen. Im kürzlich gestarteten Online-Spiel zum "Herrn der Ringe" tauchen die Tolkien-Fans selbst nach Mittelerde ab und erleben dort ihre eigenen Geschichten - nach der Verfilmung ist vor dem Selberspielen. Ebenso selbst einmal Weltenretter, Zauberlehrling oder Pate sein kann man schon länger in der "Matrix", in "Star Wars" oder "Raumschiff Enterprise", bei "King Kong", in der Corleone-Familie des "Paten" oder als "Harry Potter". Zu neuen Filmen kommen fast zeitgleich Games heraus.

"World Of Warcraft"

Nicht alle diese Spiele sind oder waren erfolgreich - oder auch nur annähernd so unterhaltsam wie der entsprechende Film. Und erfolgreiche Spiele brauchen kein filmisches Zugpferd - "World Of Warcraft" zeigt es deutlich. Ein neues Phänomen ist das nicht - schon in den 80ern gab es Spiele zu "E. T.", "Tron" oder "Ghostbusters". Doch nicht zuletzt die neuen Spielekonsolen mit ihrer hoch auflösenden, filmreifen Grafik mischen die Karten derzeit neu.

"In einigen Jahrzehnten werden Kulturhistoriker auf die Gegenwart zurückschauen und sagen: Damals hat sich die Definition von Entertainment für immer geändert", sagt einer, der das sagen muss: Douglas Lowenstein, Präsident des US-Spieleherstellerverbandes ESA. Auch der Chef des Linzer Computerkunstfestivals Ars Electronica, Gerfried Stocker, gibt sich im Gespräch mit der APA überzeugt: Die "passive Filmkunst wird in sehr kurzer Zeit schon Vergangenheit sein". Es wird den Film "weiter geben. Aber er ist eine Sache der Vergangenheit und gehört eigentlich in das letzte Jahrhundert und wird dort für immer angesiedelt bleiben." Genauso wie man von "einer bestimmten Hochblüte der Oper spricht", werde das 20. Jahrhundert die Hochblüte des Filmes sein, so Stocker.

Spiel vor Film

Die Zahlen belegen: Die Spiele, die früher oft so etwas wie Drittverwertungen von Hollywood-Produktionen waren, laufen dem Film zunehmend im Aufmerksamkeitsbudget der Jugendlichen den Rang als narrative Form der Unterhaltung ab. 38 Prozent der Jugendlichen in Deutschland spielten 2006 täglich oder sehr häufig Computerspiele, Buben (57 Prozent) deutlich mehr als Mädchen (17 Prozent). Die Statistiken aus dem Jahr 2005 für Österreich zeigen: Die männlichen 14- bis 19-Jährigen spielen sehr häufig Computerspiele (34 Prozent) und Videospiele (24 Prozent), ins Kino gehen dagegen nur 16 Prozent sehr häufig, ein DVD-Abend mit Freunden steht bei 14 Prozent sehr häufig am Programm. Bei den Mädchen ist Kino (17 Prozent) und DVD (9 Prozent) nur wenig beliebter als Computer- (14 Prozent) und Videospiele (7 Prozent).

Oberfläche

Dass das Genre mittlerweile - abseits der "oberflächlichen Diskussion" (Stocker) um Killerspiele und Spielsucht - nicht lediglich mit Brutalo-Spielen und Kriegssimulationen nur junge Männer anspricht, ist ein offenes Geheimnis: Die Lebenssimulation "Die Sims" hat ebenso ein starkes weibliches Publikum wie "Second Life" oder auch Handy-Minigames.

King Kong

Wie ernst die Entertainment-Industrie die Spiele nimmt, zeigt sich an den großen Namen, die sich Games widmen: Disney will ein Video-Spiel-Studio eröffnen. Steven Spielberg, der schon früher in Computerspiele involviert war, arbeitet mit Electronic Arts an der Verwirklichung von drei Projekten, Peter Jackson hat "King Kong" fast gleichzeitig als Film und als Spiel gedreht. Und John Woo setzt viel Energie in das Spiel "Stranglehold": "Bei beiden geht es um eine Story", fasst der Action-Kultregisseur die offensichtlichen Gemeinsamkeiten von Film und Game zusammen. "Ich habe viel gelernt vom Spiel", so Woo. "Ich habe noch nie solche Action geschaffen - das kann ich in meinem nächsten Film auch machen!" (Von Georg Leyrer/APA)