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Keine Intervention des Kanzlers auf dem Küniglberg, nur der Weg zur Wahlkonfrontation. Hinter Gusenbauer steht hier ausnahmsweise Noch-"Report"-Chef Gerhard Jelinek.

Foto: APA
Ein Jobangebot dürfte endgültig gestorben sein: Richard Grasl, Chefredakteur im bürgerlichen Landesstudio St. Pölten, hatte die Option, mit Robert Wiesner den "Report" zu leiten und ihn zu präsentieren. Quasi als schwarzes Gegengewicht zu Wiesner, der beim "Report" den bürgerlichen Gerhard Jelinek ablösen soll. Wohl um erbitterten Widerstand der VP gegen die Ablöse zu mildern.

Nun wundern sich Küniglberger über mutmaßliche Berichtslinien in Grasls ORF-Studio: Von einer Intervention des Kanzleramtes bei ORF On wegen einer Story von ORF Niederösterreich erfuhr die Anstaltsleitung durch eine Aussendung des Landesparteisekretärs der ÖVP, Gerhard Karner. Landesdirektor Norbert Gollinger ließ Mittwoch verlauten: "Der ORF NÖ weist den Vorwurf entschieden zurück, Informationen in diesem Zusammenhang an Außenstehende weitergegeben zu haben."

Worum geht's? Dienstag traf Kanzler Alfred Gusenbauer (SP) Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (VP). ORF Niederösterreich bastelte eine Meldung für ORF On, Gusenbauer wolle die Schengen-Grenzen zu Niederösterreichs Nachbarstaaten doch nicht so rasch öffnen.

Hallo, Kanzleramt

Spätabends meldete sich ein Mitarbeiter des Kanzleramts bei ORF On. Er wies darauf hin, dass sich der Inhalt der Onlinestory von einer APA-Meldung zum Thema deutlich unterscheide.

Der ORF-Redakteur änderte den Artikel und informierte noch um 23.15 Uhr per Mail Niederösterreich-Chefredakteur Grasl von dem Anruf. Mittwoch protestierte erst Karner gegen die "brutale SP-Intervention", keine halbe Stunde später die St. Pöltener ORF-Redakteure, dann VP-Mediensprecher Franz Morak, der Chef der Bürgerlichen im Stiftungsrat, Franz Medwenitsch, und Niederösterreichs Vertreter dort, Alberich Klinger. Der laut Gesetz unabhängige ORF-Aufsichtsrat kündigte via Pressedienst der VP NÖ eine Beschwerde beim Bundeskommunikationssenat an. "Eine Parteiaktion", vermutet SP-Stiftungsrat Karl Krammer.

Krammer war Pressesprecher und Kabinettchef von Kanzler Franz Vranitzky. Anrufe bei Medien zu untersagen käme einem "Berufsverbot" gleich, sagt er dem STANDARD: "Das ist sein Job." Journalisten müssten professionell damit umgehen. Er begrüßt eine interne Untersuchung, um Verantwortlichkeiten bei ORF On zu klären.

Redakteure auch abseits des ORF berichten, Anrufe von Gusenbauers Pressemann Stefan Pöttler häuften sich.

Die ÖVP machte zuletzt gegen die ORF-Reform mobil. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2007)

Reaktion von Richard Grasl, ORF

1. Ja, es stimmt, dass mir von der ORF-Führung die stv. Leitung des Reports und die Präsentation angeboten worden ist. Ich habe dieses Angebot aber am 4. April in einem Gespräch mit Informations-Direktor Oberhauser selbst abgelehnt - also vor sechs Wochen. Diese Job-Rotation war für mich daher kein Thema mehr.

2. Zum konkreten Fall: Ich habe persönlich am Tag nach der Veränderung des Berichts, von dem ich erst in der Früh durch ein weitergeleitetes E-Mail erfahren habe, um 10.13 Uhr bei der Online-Redaktion in Wien per E-Mail heftig protestiert. Die erste Reaktion der ÖVP folgte drei Stunden später. Dass die ÖVP daher also vor der ORF-Zentrale davon erfahren hätte, ist unrichtig.

3. Zur Berichtslinie des ORF NÖ: die meisten Zeitungen haben am Tag nach dem Gusenbauer/Pröll-treffen genauso berichtet wie der ORF NÖ in seinem Radio-, TV- und bis zur Abänderung auch in seinem Online-Programm. Nämlich dass nach dem Treffen der Schengen-Beitritt der Slowakei an Bedingungen geknüpft wurde. Die Verwunderung über diese Linie verwundert mich daher. Dass wir im Übrigen das einzige Medium waren, dass in dieser Frage auch die NÖ-SPÖ-Chefin zu Wort kommen ließ, sollte hier nicht unerwähnt bleiben.