Wobei ich als Handyverweigerer zugeben muss, dass man als Besitzer eines Festnetzanschlusses auch kein leichtes Leben hat. In meinem Fall hat nämlich die Telekom vor drei Monaten einen jungen Mann vorbeigeschickt, der mir die frohe Botschaft überbrachte, dass man meine Grundgebühr senken werde, wenn ich ein bestimmtes Formular unterschriebe. Was ich auch tat, obwohl der Text auf dem Formular so klang, als hätte ein Postler in seiner Freizeit Finnegans Wake ins Deutsche übersetzt.
Faktum ist jedenfalls, dass die Senkung bis heute nicht erfolgt ist, dafür läutet aber jetzt das Telefon in meiner Wohnung am Land immer dann, wenn mich in Wien jemand anruft. Was ich ja überhaupt nicht wollte. Da die zuständigen Damen und Herren bei der Post in dieser Angelegenheit telefonisch keine Auskunft gaben, musste ich mein Problem notgedrungen schriftlich darlegen. Und mit diesem Brief war ich auf dem Weg zum Postamt in der Mondscheingasse im 7. Bezirk, als ich den verhängnisvollen Fehler beging, in die Mariahilfer Straße einzubiegen, weil ich beim Komolka noch Köperbänder kaufen musste.
Nachdem ich also die Mariahilfer Straße wieder verlassen hatte, betrat ich das o.e. Postamt und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass die alte Anstellordnung in der Zwischenzeit offenbar außer Kraft gesetzt worden war. Bis vor kurzem mussten sich die Leute noch um die Pappständer mit den DVDs von Peter Alexander und den CDs von DJ Ötzi anstellen, ehe sie von einem der beiden Schalterbeamten bedient wurden. Dass im Postamt in der Mondscheingasse jemals alle vier Schalter gleichzeitig geöffnet gewesen wären, ist meines Wissens noch nie vorgekommen.
An dieser Stelle ein kurzer Einschub zu DJ Ötzi: Anlässlich der Präsentation seiner neuen CD verkündete dieses Naturwunder aus Tirol: "Ich will mein altes Publikum festigen und in die Breite gehen." Aktuelle Bilder auf dem Cover der Zeitschrift Seitenblicke zeigen, dass ihm Letzteres bereits gelungen ist.
Im Postamt in der Mondscheingasse war also Anarchie angesagt, und in der improvisierten Schlange vor mir standen plötzlich 17 Leute. Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf meine Mitte und sprach langsam im Geiste: "Ich bin ganz entspannt. Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig. Auch Postbeamte sind Geschöpfe Gottes, die unserer Liebe und Zuneigung bedürfen. Ich bin glücklich ..."