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Der Ex-Leibwächter Bojko Borissow ist der neue Politstar in Bulgarien.

Foto: EPA
Die Bulgaren machten bei den ersten Wahlen zum Europäischen Parlament den Sofioter Bürgermeister Bojko Borissow und seine Partei Gerb zum Sieger. Die Sozialisten wurden für den Korruptionsskandal um Wirtschaftsminister Rumen Owtscharow bestraft.

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Der Bürgermeister der bulgarischen Hauptstadt Sofia, Bojko Borissow, kann zufrieden sein. Ersten vorläufigen Ergebnissen zufolge erreichte seine neu gegründete Partei „Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens“ (Gerb) bei den ersten Wahlen zum Europäischen Parlament auf Anhieb 21,6 Prozent der Stimmen. Die selbst ernannten „Rechtszentristen“ durften damit voraussichtlich fünf der insgesamt 18 bulgarischen, auf zwei Jahre gewählten, EU-Abgeordneten stellen.

Knapp dahinter und mit 21,4 Prozent landete die regierende Sozialistische Partei (BSP), die ebenfalls fünf Abgeordnete nach Brüssel schicken wird. Weiterhin werden auch die beiden Regierungsparteien, die Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), die vor allem die türkische Minderheit vertritt (20,2 Prozent) sowie die Partei des _früheren Zaren Simeon_II. (NDSW, 6,2 Prozent) mit bis zu fünf Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sein. Die nationalistische Gruppierung Ataka erreichte 14,2 Prozent der Stimmen und damit zwei EU-Mandate. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 28,6 Prozent.

Der sozialistische Regierungschef Sergej Stanischew machte aus seiner Enttäuschung kein Hehl. „Das Ergebnis ist hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben“, sagte er. Die Sozialisten hatten sich bemüht, im Wahlkampf europäische Themen in den Vordergrund zu rücken. Den Senkrechtstarter Gerb beschuldigte er, eine negative Kampagne gefahren und innenpolitische Skandale für dessen Zwecke instrumentalisiert zu haben.

Skandal kostete

Gleichzeitig gestand er ein, dass Bulgarien nach wie vor große Probleme mit der Korruption habe – eine eher freundliche Umschreibung der politischen Gegebenheiten. Seit Wochen wird das Land von einem Korruptionsskandal erschüttert, in den auch der Minister für Finanzen und Energie, Rumen Owtscharow, verwickelt ist. Experten zufolge dürfte die Affäre die Sozialisten mindestens ein EU-Mandat gekostet haben. Am Sonntagabend herrschte totale Konfusion, da sich die Resultate stündlich änderten. Kurzzeitig schien es so, als sei die DPS stärkste politische Kraft geworden.

In Höchstform präsentierte sich wieder einmal der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Ataka, Volen Siderow. „Sei willkommen in Europa, Bulgaristan. Man muss sich einmal vorstellen, dass Ankara künftig mit fünf Abgeordneten in Brüssel vertreten sein wird“, sagte er in Anspielung auf das Ergebnis der DPS. Die DPS mache eindeutig Politik für die Türkei, deren EU-Beitritt es um jeden Preis zu verhindern gelte. (Barbara Oertel aus Sofia/DER STANDARD, Printausgabe, 22.5.2007)