Es ist ein interessantes Phänomen, dass in der traditionell ideologisch extrem überfrachteten Bildungspolitik in Österreich ausgerechnet ein Strategiepapier der Industriellenvereinigung (IV) zum Anker für "linke" und konservative Bildungsexperten gleichermaßen geworden ist - hochgelobt und allgemein als zukunftsweisend anerkannt.

Das Ende 2006 vorgelegte IV-Maßnahmenpaket "Zukunft der Bildung - Schule 2020" formuliert sieben Visionen - "ohne Rücksichtnahmen auf politische oder ideologische Positionen".

"Innere leistungsgerechte Differenzierung"

Ein paar Punkte haben fast umstürzlerisches Potenzial. Nach einem verpflichtenden staatlich finanzierten Startschuljahr mit fünf soll eine Grundstufe bis zehn Jahre für alle stehen. Dann umschifft die IV das böse G-Wort durch die "Mittelstufe von 10 bis 14 mit innerer leistungsgerechter Differenzierung" - eine elegante Umschreibung für das pädagogische Konzept einer gemeinsamen Schule. Die Oberstufe soll allgemeine und berufsbildende Angebote mit individuellen Schwerpunkten umfassen.

Dazu fordert die IV ein verpflichtendes Angebot an Ganztagsschulen, echte Schulautonomie mit Personal- und Ressourcenverantwortung für Schulleiter, verbindliche Eignungstests für Lehrer sowie eine Schulverwaltung ohne Länder. (nim/DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2007)