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Jürgen Melzer, die Nummer 35 der Welt, hat sich von seinem langjährigen Trainer Karl-Heinz Wetter (rechts) getrennt. "Es musste sein, ich hörte ihn nicht mehr."

Foto: APA/Parigger
Pörtschach/Wien - Natürlich empfindet Jürgen Melzer eine "gewisse Leere". Das sei die Folge "einer jeden Trennung". Denn Tennisprofis sind Menschen, sie reagieren bei Bedarf auch sensibel. "Aber was sein muss, musste sein. Jeder hat schon Schluss gemacht. Zum Beispiel mit einer Freundin. Das ist nie einfach, tut weh. Aber man soll auf sich selbst schauen, ohne Egoismus geht im Sport wenig weiter."

Melzer hat vor rund einer Woche die Beziehung zu seinem Trainer Karl-Heinz Wetter gelöst. Nach zwölf Jahren. "Endgültig, es gibt kein Comeback." Man ist einvernehmlich voneinander gegangen, behaupten beide. Wetter sagt, "dass es keinen Grund gibt, Schmutzwäsche zu waschen. Sieht man sich, wird man auf einen Kaffee gehen. Wir hatte viele Erfolge und einige Misserfolge." Melzer: "Stimmt."

Mann zu sein

Wobei es natürlich schon ein spezielle Partnerschaft war. Wetter war 32 und auch Erziehungberechtigter für den kaum 15-jährigen Jürgen, der in die Welt ausgezogen ist. "Damals war ich ja fast noch ein Kind und in der Pubertät. Aber man wird eben im Laufe der Zeit erwachsen und selbstständig." Nun, im Alter von 26 Jahren, hat sich Melzer entschlossen, Mann zu sein. "Die Luft war draußen, wir sind an einem toten Punkt angelangt. Das war sicher ein längerer Prozess, es herrschte Handlungsbedarf." Es gehe überhaupt nicht um Schuldzuweisungen. "Es lag an der Abnützung. Ich habe nicht mehr gehört, was er auf dem Trainingsplatz gesagt hat. Weil ich es schon zu oft gehört habe. Diese Erkenntnis ist zwar bitter, aber man kann dagegen nichts unternehmen. Man ging sich auf den Wecker." Es blieb der radikale Schnitt, die Trennung. "Ich habe Sehnsucht nach etwas Neuem verspürt. Das ist spannend, ein Herausforderung, man trägt mehr Eigenverantwortung."

Melzer sucht trotzdem einen Nachfolger, Manager Reinhold Kiss wird ihm dabei behilflich sein. Man lässt sich Zeit, möchte nichts überstürzen, zumal gute (leistbare) Coaches seltener sind als Siege der österreichischen Fußballnationalmannschaft und nicht hinter jedem Tennisplatz Schlange stehen. Abgesehen davon war und ist ein gewisser Roger Federer den größten Teil seiner Karriere trainerlos. "Obwohl ich mich mit ihm natürlich nicht vergleichen will und kann."

Das Anforderungsprofil ist klar, der Neue sollte eine Respektsperson sein, gegen eine "gewisse Distanz" hätte Melzer nichts einzuwenden. "Es wird kein Österreicher."

In dieser Woche spielt Melzer das ATP-Turnier in Pörtschach. "Bei allem Respekt vor der Heimat, aber ich sehe es schon als Vorbereitung auf die French Open." Das Los hat ihm den Argentinier Juan Monaco beschert, der ist auf Sand ein Könner. "Schwierig." Durch die Anwesenheit von Superstars wie Andy Roddick "habe ich weniger Druck". Begleitet wird Melzer von einem Physiotherapeuten, die Partie ist am Dienstag angesetzt.

Doppelbelastung

Mit seinem Tennis sei er zufrieden und auch nicht. "Bin ich gesund, spiele ich gut. Bin ich krank oder verletzt, spiele ich eher schlecht." Das linke Handgelenk sei immer wieder entzündet, "die Schmerzen sind arg." Melzer hat das Doppel nahezu sein lassen. Wegen der Doppelbelastung.

Manager Kiss sagt: "Die Trennung von Wetter war seine Bauchentscheidung. Die Menschen sollten auf ihre Bäuche hören, die sagen oft das Richtige. Vielleicht ist Melzer auf dem Weg vom ewigen Talent zum fertigen Mann. Das Tennis kann er." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 21.05.2007)