Kurz nach 15 Uhr kam schließlich die Entwarnung: Bundespräsident Heinz Fischer trat zusammen mit dem Gast vor die Medienvertreter und teilte in seiner unverwechselbaren Diktion mit, Putin sei bereit, die abgesagten Interviews „zu gegebener Gelegenheit allenfalls nachzuholen“. Peter Fritz, Außenpolitik- Chef des ORF-Fernsehens, bedankte sich artig, ehe er seine Frage stellte: Glaube der russische Präsident, dass sein Land vollentwickelte Demokratie sei? Putin wich aus, nannte den Europäischen Gerichtshof fürMenschenrechte, auch global gesehen, eine „äußerst wertvolle Institution“ und räumte immerhin ein: „Wir sollten die Kritik ernst nehmen, die an uns gerichtet ist.“ Eine solche Kritik habe schließlich auch Auswirkungen in der Sphäre der Investitionen.
Dann kam allerdings, wie gewohnt, der Gegenangriff: Auch in Österreich gebe es Probleme im Zusammenhang mit Menschenrechten, etwa bei der Frage Migration. „Ungerechtfertigte Festnahmen oder Verprügelungen“ kämen in Österreich ebenfalls vor. Und schließlich: „Wenn jemand uns gegenüber eine gönnerhafte Rolle einnehmen will, das wollen wir nicht. Aber unsere österreichischen Partner tun das nicht“, fügte er fast schon beruhigend hinzu. Nach einer russischen Journalistenfrage an den russischen Staatschef wurde auch der von den USA geplante Raketenabwehrschild in Europa zum Thema beim Staatsbesuch.
Trotz der Gespräche mit den USA ändere sich die ablehnende Haltung Russlands nicht: Die geplante Errichtung eines US-Raketenschildes in Polen und Tschechien sei eine „absolut schädliche Sache“, sagte Putin. Die USA hatten ihre diplomatischen Kontakte erst in den vergangenen Wochen verstärkt, um die ablehnende Haltung Russlands gegenüber dem Raketenschild aufzuweichen. Der Raketenschild „führt nur zu einem neuen Wettrüsten“, warnte der Präsident Putin dennoch in Wien. Er verstehe auch nicht, warum die Amerikaner ausgerechnet in Europa einen Raketenschutzschild aufbauen wollen. Die iranischen Raketen hätten nicht die erforderliche Reichweite, um Europa zu bedrohen.
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