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Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty in Österreich, fordert einen Anti-Folter-Paragrafen im Strafgesetz.

Foto: Reuters
Im aktuellen Jahresbericht von Amnesty International befindet sich Österreich auf der Liste der Folterstaaten. Der Grund: Schwere Polizeiübergriffe in der Schubhaft. Die Menschenrechtsorganisation übt generell schwere Kritik am heimischen Fremdenrecht.

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Wien - Österreich gehört zu den 144 Staaten, die bereits die UN-Antifolterkonvention unterzeichnet haben. Österreich ist aber auch eines von 102 Ländern, die auf der Folterliste im neuen Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) stehen. Ein zwiespältiger Umstand, der für Heinz Patzelt, ai-Generalsekretär in Österreich, ein Zeichen für "Ignoranz und Ohnmacht" ist.

Dass Österreich in die Gesellschaft der Folterknechte aufgenommen wurde, ist den vier Polizisten zu verdanken, die im April des Vorjahres den gambischen Schubhäftling Bakary J. gequält und mit Hinrichtung bedroht hatten. "Dass die Beamten mit milden Bewährungsstrafen davonkamen, muss in einem Rechtsstaat akzeptiert werden. Dass aber nicht einmal der Staatsanwalt Bedenken gegen die Urteile angemeldet hat, ist bedenklich", kritisierte Patzelt und forderte die Schaffung eines Anti-Folter-Paragrafen im Strafgesetz.

Kritik an Fremdengesetzen

Amnesty kritisiert generell die rigorosen Fremdengesetze in Österreich und die daraus resultierenden Folgen. "Schubhaftanstalten sind voll, weil Flüchtlinge schon dann in Gewahrsam genommen werden dürfen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig sein könnte", so Patzelt. Diese - seit 2005 geltende - menschenrechtswidrige Regelung habe zudem die Haftanstalten völlig unvorbereitet getroffen. Patzelt: "Es gibt zwar mehr Eingesperrte, aber Infrastruktur und Personalstand in den so genannten Polizeianhaltezentren sind gleich geblieben. Und die Schubhaftbetreuung ist äußerst minimalistisch." Dieser Mix an Mängeln führe immer wieder dazu, dass Situationen eskalierten.

Neuer Prügelvorwurf

Wie der STANDARD berichtete, gibt es seit Sonntag erneut Prügelvorwürfe gegen Polizisten. Henry O. (34), ein an Diabetes leidender Schubhäftling aus Nigeria, behauptet, er sei in der Schubhaft in Wien-Hernals attackiert und rassistisch beschimpft worden. Außerdem habe er anfänglich kein Insulin erhalten, was zu einem Zuckerschock geführt habe. Es besteht der Verdacht, dass gegen den Nigerianer ein Besuchsverbot verhängt worden ist, um die Übergriffe zu vertuschen. Der Wiener Landespolizeikommandant Karl Mahrer bestätigte inzwischen die Vorwürfe, die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet. Dienstrechtliche Konsequenzen werde es vor Abschluss der Ermittlungen nicht geben.

International konzentriert sich der aktuelle ai-Bericht auf das Krisengebiet Sudan mit entsprechenden Waffenlieferungen aus China und aus Russland (siehe Seite 3). Auch Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Olympischen Spiele in China werden thematisiert. Der EU wirft Amnesty "menschenrechtliche Sabotagepolitik" vor. (Michael Simoner, DER STANDARD, Printausgabe 24.5.2007)