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Handtaschenträger Tinky Winky (Mitte).

Foto: AP
Ewa Sowinska ist nicht ganz auf dem neuesten Stand. Schon lange bevor die polnische Regierungsbeaufragte den (medienwirksamen) Verdacht über die sexuelle Gesinnung des Handtaschenträgers Tinky Winky aus der TV-Serie "Teletubbies" äußerte, roch bereits ein gewisser Homer Simpson, wohnhaft in Springfield, USA, den Braten. Um Tochter Maggie zu unterhalten, machte er einen auf Tinky Winky. Im Gegensatz zu diesem sei er aber, beeilte sich der fürsorgliche TV-Familienvater hinzuzufügen, "ein richtiger Mann".

Ob man im Fall der "Teletubbies" überhaupt von "richtigen" Männern oder Frauen sprechen will oder ob es sich bei den Fernsehhelden nicht doch eher um geschlechtslose Wesen handeln soll, bleibt im Sinne der Erfinder dahingestellt. In traditioneller Farbenlehre geschult, ließe sich rein äußerlich schließen: Gelb und Rot Weiblein, Grün und Blau Männlein.

Tinky Winky, der blaue und größte Teletubby, soll also nicht nur männlich, sondern obendrein vom anderen Ufer sein, behauptet Sowinska. Vor ihr und Homer Simpson glaubte das bereits 1999 der amerikanische TV-Prediger Jerry Falwell. Auch er sah darin allen Ernstes seine kleinsten Schäfchen bedroht. Sowinska lässt Verbote prüfen.

Rote Handtasche, dann im weißen Tanzröckchen

Tinky Winky sah man in manchen Folgen mit roter Handtasche, dann im weißen Tanzröckchen durchs Teletubby-Land hoppeln. Er trägt ein umgekehrtes Dreieck als Antenne, Symbol der Gay-Community, die ihn längst ins Herz geschlossen hat. Warum solche Accessoires Kleinstkinder gefährden sollen, kann niemand ernsthaft erklären. Wieso Homosexuelle im Kinderfernsehen nicht vorkommen dürfen, noch weniger. Die Erfinder bestritten stets jeden Hintergedanken: "It\s a children\s show, folks."

Und zwar eine der erfolgreichsten dieses Genres: 365 Folgen, eine pro Tag, unterhalten seit 1999 Kinder in rund 120 Ländern der Welt. Die britischen Erfinder Anne Wood und Andy Davenport gelang es, die bisher unbeachtete Zielgruppe der Zwei- und Dreijährigen vor die Bildschirme zu holen. Die machten auch eifrig "Winke Winke" zurück: Die produzierende BBC verdient allein mit Merchandising Millionen.

US-Prediger Falwell kann das Wiederaufflammen der Debatte nicht mitverfolgen. Falwell starb Mitte Mai diesen Jahres. Seither feiern die Teletubbies übrigens auf www.youtube.com ein ausgelassenes Fest: "Dingdong, the witch is dead" jubeln sie, tanzend und springend. Am Schluss des seltsamen Kurzfilms informiert der Abspann: "Jerry Falwell dämonisierte und verspottete uns für politische Zwecke. Möge er in Frieden ruhen. Hass ist kein Familienwert." Teletubbys Antwort auf diesen nicht unbedingt geschmackssicheren Nachruf? "Ah-oh!" (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 30.5.2007)