Ist dankbar, dass der Verbund den Weg an die Börse gefunden hat: der neue Chef von Österreichs größtem Stromerzeuger, Michael Pistauer.

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Verbund-General Michael Pistauer denkt nicht daran, mit Lieferungen von Strom an Haushaltskunden aufzuhören. Die gesamte Branche habe imagemäßig davon profitiert. Warum und was er vom staatlichen Einfluss hält, sagte er Günther Strobl.

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STANDARD: Der Verbund ist für österreichische Verhältnisse ein Riese, verglichen mit Eon, RWE oder EdF ein Zwerg. Wie stark muss der Verbund wachsen, um nicht unterzugehen?

Pistauer: Wir haben eine Marktkapitalisierung von zwölf Milliarden Euro, Eon kommt auf 78 Milliarden. Das zeigt die wahren Verhältnisse. Meine Vision für den Verbund ist eine Marktkapitalisierung von gut 20 Milliarden Euro.

STANDARD: Zu erreichen wie?

Pistauer: Mit organischem Wachstum allein kaum. Wirklich wachsen kann man über Kapitalerhöhungen.

STANDARD: In dieser Hinsicht sind Sie aber gefesselt, weil der Bund als 51-Prozent-Eigentümer des Verbund nicht mitgeht.

Pistauer: Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ob es einmal Konstellationen gibt, die es angeraten erscheinen lassen, nachzudenken, ob die 51 Prozent der Republik richtig sind, bleibt abzuwarten.

STANDARD: Sind die öffentlichen Mehrheiten bei den Stromunternehmen in Österreich nicht mehr von Schaden als von Nutzen – Stichwort Länder gegen Bund?

Pistauer: Man muss zur Kenntnis nehmen, dass wir einen Föderalismus haben. Mit den 51 Prozent ist der Verbund in den vergangenen Jahren sehr gut gefahren, vor allem die Privatisierung hat sehr gut getan. Das Management war gezwungen, die Gestion auf die Notwendigkeiten des Kapitalmarkts auszurichten. Das sieht man auch bei der EVN – ein gut geführtes Unternehmen.

STANDARD: Auch wenn Sie dem Management in Maria Enzersdorf jetzt Blumen streuen, weiter gegangen ist ja nichts im Bemühen, EVN und Verbund zusammenzuspannen.

Pistauer: Dem kann ich nicht widersprechen. Es gab x Anläufe in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft, näher zusammenzurücken – bisher ohne sichtbaren Erfolg. Aber man sollte niemals nie sagen.

STANDARD: Das Management ist bemüht, die Politik bremst?

Pistauer: Ich glaube nicht, dass die Eigentümer bremsen, auch nicht in den Ländern. Man muss einmal beginnen, über Vorstellungen zu reden mit den Landesgesellschaften, das werden wir tun.

STANDARD: Wie viel Geld lassen sie auf der Straße liegen, indem sie Haushalte und Kleingewerbe mit Strom zu Großhandelspreisen beliefern?

Pistauer: Wir sind schlank aufgestellt und verlieren kein Geld. Der Eintritt des Verbund in den Endkundenmarkt hat den österreichischen Kunden und der gesamten Branche von der Imageseite her gut getan. Österreich war nach der Liberalisierung ein Übungsplatz für Unternehmungen aus anderen Ländern. Die meisten dieser Unternehmen haben sich zurückgezogen, weil sie offensichtlich zu wenig verdient haben.

STANDARD: Sie als Verbund könnten aber zweifellos mehr verdienen, wenn Sie den Strom teurer verkaufen würden.

Pistauer: Es ist ein strategisches Ziel des Verbund, den Kunden günstigen Strom anzubieten und das Risiko zu minimieren. Als Produzent ist man voll abhängig von der Entwicklung des Marktpreises, der sehr volatil ist. Durch den Eintritt in das Endkundengeschäft sind wir diesen Schwankungen weniger stark ausgesetzt.

STANDARD: Ihr Vertrag läuft Ende 2008 ab, Sie haben also noch eineinhalb Jahre Zeit, gestaltend zu wirken. Was wollen Sie tun?

Pistauer: Das Geschäft im Ausland forcieren, beispielsweise in der Türkei, wo wir eben grünes Licht von der EU-Wettbewerbsbehörde bekommen haben. Eines meiner Ziele ist auch, den Inlandsanteil an unserem Gesamtgeschäft zu erhöhen.

STANDARD: Wodurch?

Pistauer: Durch Ausbau unseres Endkundengeschäfts und durch verstärkte Belieferung der Landesgesellschaften.

STANDARD: In der Politik gibt es den Begriff der lahmen Ente – jemand, der wegen des absehbaren Endes seiner Amtszeit nichts bewegen kann. Ist das in der Wirtschaft anders?

Pistauer: Ich bin von niemandem abhängig. Vielleicht fühle ich mich gerade deshalb stark. Was Ende 2008 sein wird, hängt vom Aufsichtsrat und von mir ab. Unsere internen Regeln würden ein längeres Verbleiben ermöglichen. Mehr möchte ich nicht sagen.

STANDARD: Seit wann beziehen Sie Verbund-Strom?

Pistauer: Seit wir in den Endkundenmarkt eingestiegen sind – seit fast zwei Jahren.

STANDARD: Und vorher gab es Stromdeputate?

Pistauer: Das ist graue Vergangenheit. Das Verbund-Management hat beim Strombezug keinerlei Begünstigung. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3.6.2007)