Graz – Der Kleiderschrank des Afghanen Djanali Mohammadi "ist leider fast leer", schildert der Mitarbeiter einer Schnellimbisskette, der seit 2001 in Graz lebt und arbeitet. Und dennoch hat der Grazer Designerin Bettina Reichl (Label Odrowaz) ein Blick auf das Wenige gereicht, um sich zu neuen Designs inspirieren zu lassen.

Die Eingebung kam aber nicht nur ihr, sondern auch fünf anderen Grazer Modemacherinnen und Migranten, die sie bat zusammenzuarbeiten. Unter dem Titel "Crossing Fashion II" fand dieser "Kulturaustausch auf textiler Ebene" dann auch statt. Das Ergebnis des neugierigen Stirlns in den Kleiderkästen der Migranten ist am Samstag in der GVB-Remise in der Steyrergasse 114–116 ab 20 Uhr zu sehen.

Belastende Erinnerung

Kennen gelernt haben sich die künstlerischen Multikulti-Teams über das Afro-Asiatische Institut in Graz. Da weder Mohammadi noch seine Frau typisch Afghanisches besitzen, bestellte Bettina Reichl im Internet eine Burka, weil diese für Österreicher mit Afghanistan verknüpft ist. Die Burka, deren Plissee Reichl in ihre eigenen Entwürfe übernahm, wollte ihr Berater nicht einmal in die Hand nehmen, erzählte die Modemacherin. Zu belastend sei die Erinnerung an die Heimat, aus der er flüchten musste, gewesen.

Bei Lena Hoschek waren es die schön gemusterten senegalesischen Stoffe, die sich beim Blick in den Kleiderkasten einprägten. Hoscheks afrikanischer Berater Bambo Rauter, der das Caritas-Café Auschlössl im Grazer Augarten führt, ließ sie einen Blick auf seine Kollektion Granboubous werfen, die senegalesische Tracht für Herren. Doch die geraden und weiten Schnitte der langen Gewänder wird man in Hoscheks Kleidern im Fifties- und Sixties-Stil vergeblich suchen. Kunstvoll gewickelte Turbane und afrikanischer Schmuck passen aber dazu, fand die Designerin.

Während der Modenschau werden Kurzfilme über die sechs Migranten gezeigt, die anderen vier stammen aus Peru, Indien, der Mongolei und Ghana. (Marijana Miljkoviæ, DER STANDARD Printausgabe, 2./3.5.2007)