Richard Wadani wurde als erstem Wehrmachtsdeserteur das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen

Foto: Heribert CORN
Rehabilitierung funktioniert vor allem dann, wenn sie öffentlich geschieht. So gesehen war dieser Freitag einer der wichtigsten Tage im Leben des Richard Wadani. Im Wiener Rathaus wurde ihm als erstem Wehrmachtsdeserteur das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen. Er sei der erste, wolle aber nicht der letzte geehrte Wehrmachtsdeserteur sein, gab er sich hoffnungsvoll.

Wadani wird 1922 als zweiter Sohn österreichischer Eltern in Prag geboren. Seine politische Überzeugung hat er vom Elternhaus mitbekommen. Beide waren sozusagen "g'standene" Sozialdemokraten, der frühe Kontakt Wadanis zu den Roten Falken daher nur logisch. 1938 muss die Familie zurück nach Wien gehen. Er habe dort einen Schutzbündler kennen gelernt. "Pass auf, Bua, dich ziehen sie bald ein", habe der ihn gewarnt und ihm geraten, sich zur Luftwaffe zu melden.

Er wird zum Kraftfahrer ausgebildet, 1942 versucht Wadani das erste Mal zu desertieren, was misslingt. Zwei Jahre später, nun an der Westfront, gelingt die Flucht. Das Kriegsende erlebt er als Soldat der tschechischen Armee in Großbritannien.

Wadani wird rasch erfahren, wie das Nachkriegsösterreich über Deserteure der Wehrmacht denkt. Als er im Arbeitsamt vorspricht, wird er sofort angepöbelt. Es sollte lange dauern bis Wadani öffentlich über sein Erlebnisse spricht. Noch 2001, als die Debatte über die Rehabilitierung der Deserteure voll einsetzt, tritt er anonymisiert auf, lässt sich nur seitlich fotografieren: "Wir hatten permanent Anrufe und Beschimpfungen."

"Wir" sind Richard Wadani und seine Ehefrau Sieglinde, mit der er abwechselnd in Wien und in ihrer Wohnung in Niederösterreich lebt. "Dort sind wir ständig im Wald", sagt er. Einmal in der Woche wird Volleyball gespielt. Über 60 Jahre ist er diesem Sport treu. Der frühere Sportlehrer war Bundestrainer und Bundeskapitän im Österreichischen Volleyballverband.

Zeit für politische Arbeit bleibt Wadani immer: sei es als Funktionär der KPÖ, aus der er nach der Zerschlagung des Prager Frühlings austritt, oder seit 2002 als Sprecher des Personenkomitees "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz". Erreicht hat Wadani - mit anderen - einiges, obwohl er wohl eher von Teilerfolgen sprechen würde: Das Ehrengrab des NS-Fliegers Walter Nowotny ist keines mehr. Wadani war für eine Umbettung. Seit 2005 gibt es das Anerkennungsgesetz, die Deserteure wurden rehabilitiert. Direkt erwähnt werden sie im Gesetz jedoch nicht.

Und es mag nur ein Versehen sein: Bei der Ehrung am Freitag fehlte diese Nennung ebenso. Wadani sagt, er hätte erwartet, die Auszeichnung als Deserteur zu bekommen. Rehabilitierung funktioniert eben vor allem dann, wenn sie öffentlich geschieht. (Peter Mayr/DER STANDARD, Printausgabe, 2.6.2007)