Den Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Wirtschaftsuniversität Wien erinnert an die frühen zwanziger Jahre auch der Nachdruck, mit dem sich Demokratie nach westlichem Muster und freie Marktwirtschaft als universale Leitideen für die Zukunft empfehlen: Im Lauf der Zwischenkriegszeit hätten sich die Österreicher mehrheitlich von diesen Leitideen abgewandt, weil sie meinten, im Lager der Feinde der pluralistischen Gesellschaft mehr Gehör für ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen zu finden. "Dass sich die Dinge seither verändert haben, ist evident. Wie nachhaltig, wird die Zukunft weisen", so Berger im Resümee seines Buches.
Neutralität, Proporz und Sozialpartnerschaft
Der Preis, den Österreich für den Status der "Insel der Seligen" zu zahlen hatte, besteht für den Historiker trotz Amerikanisierung der Kultur und unzweideutiger politischer Westorientierung "in der wachsenden mentalen Distanz der Österreicher zum liberalen Demokratie- und Kapitalismusverständnis". Die tieferen Wurzeln des österreichischen Antiliberalismus ortet Berger weit im 19. Jahrhundert. "In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestärkte der unbestreitbare Erfolg eines durch Neutralität, Proporz und Sozialpartnerschaft charakterisierten österreichischen Sonderwegs diesen Antiliberalismus (zumindest in seinen moderaten Formen)."