Linz – Der Druck muss stärker werden, und zwar auf jene, die die „Ungerechtigkeit“ (so ein E-Mail-Verfasser) abstellen können. Deshalb schicken Oberösterreicher seit Tagen Mails an Bundeskanzleramt und Innenministerium, um ein Bleiberecht für integrierte Asylwerberfamilien zu erreichen. Bisher ohne Erfolg. Das Bundeskanzleramt fühlt sich offensichtlich dafür nicht zuständig: „Sie verstehen, dass es seitens des Bundeskanzleramtes aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht möglich ist, bei konkreten Entscheidungen der zuständigen Behörden Einfluss zu nehmen“. 25 Bürgerinitiativen (BI) setzten sich mittlerweile in Oberösterreich für den Verbleib von rund 300 Flüchtlingsfamilien ein, die seit Jahren in einer Gemeinde leben, denen aber wegen eines (ausstehenden) negativen Asylbescheides die Abschiebung droht. Mehr als 10.000 Unterschriften haben sie gesammelt und der schwarz-grünen Landesregierung überreicht. „Zu keinem anderen Bereich haben Bürgerinitiativen so viel Engagement gezeigt“, meint Grünen-Menschenrechtssprecher Gunther Trübswasser.

„Noch vor zehn Jahren gab es Aktionen gegen Ausländer“, sagt Landesrat Rudi Anschober (Grüne). Die Stimmung in der Bevölkerung habe sich „Richtung Menschlichkeit gedreht“, es werde Zeit, dass die Politiker als Volksvertreter dem Rechnung tragen. Deshalb unterstützen Oberösterreichs Grüne die BI in ihrem Kampf für ein Bleiberecht für Asylwerberfamilien, die schon fünf Jahre in Österreich leben, indem sie helfen, „den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen“, sagen Trübswasser und Anschober.

Konkret wollen sie erreichen, dass alle Landtage eine Resolution für ein Bleiberecht verabschieden. Oberösterreich, die Steiermark und das Burgenland haben dies bereits getan. Die „E-Mail-Aktion“ wurde bereits gestartet. Allein am Wochenende seien vom Bezirk Perg 200 Mails nach Wien gegangen. Besonders verärgert hat die Antwort aus dem Innenministerium. ÖVP-Innenminister Günther Platter, der nach wie vor eine Legalisierung des humanitären Aufenthaltsrechts ablehnt, sieht für Oberösterreich nur eine Lösung: Schlüssekräftebewilligung.

Rechtsbeugung

Doch Parteikollege und Landeshauptmann Josef Pühringer widerspricht. Das käme einer Rechtsbeugung gleich, denn jene Asylwerberfamilien erfüllen nicht die Voraussetzung für Schlüsselkräfte (unselbstständig Beschäftigte in leitender Funktion, Mindestverdienst: 2000 Euro brutto), heißt es aus seinem Büro. Er will entgegen der Bundespartei eine Neuregelung für ein generelles Bleiberecht.

Was die BI noch unternehmen können, darüber werden sie erstmals gemeinsam am 15. Juni in Linz beraten. Die Grünen haben zum Netzwerktreffen ins alte Rathaus geladen. (Kerstin Scheller/DER STANDARD-Printausgabe, 05.06.2007)