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Foto: APA/dpa/Burgi
Dieser Tage werden ein paar mehr weiße Haare dazugekommen sein, aber dennoch:_Werner Rätz ist sehr zufrieden: „Es war eine grandiose Woche“, sagt der Organisator der globalisierungskritischen Demonstrationen, die nun eine Woche lang rund um Heiligendamm stattgefunden haben, zum Standard. Man habe gezeigt, dass auch in Deutschland politische Großmobilisierungen möglich seien, schließlich seien 13.000 Menschen zu Sitzblockaden gekommen. Und er prophezeit: „Mit dieser Bewegung muss man in Zukunft rechnen.“ Nur einmal, zu Beginn der Demonstrationen in Rostock, als gewaltbereite Autonome aus dem schwarzen Block seine friedliche und bunte Protestaktion sprengten, da ist ihm das Herz in die Hose gerutscht: „Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach sechs Wochen von einer Dienstreise heim und finden einen Zettel vor, auf dem steht: Schatz, ich bin weg! So ungefähr habe ich mich gefühlt“, beschreibt Rätz, der Mitglied des Koordinierungskreises von Attac ist, sein Erschrecken. Für den Organisationsfehler hat sich der 55-Jährige bei den Rostockern entschuldigt und er hat daraus gelernt: „Künftig müssen wir uns genauer anschauen, wen wir bei uns mitdemonstrieren lassen wollen.“ Also wird er bei der nächsten Aktion darauf achten, dass die „draußen bleiben, die den Konflikt brutal austragen wollen“. Da er aus der Friedensforschung komme, wisse er: „Wer einen Konflikt lösen will, muss dafür mit den härtesten Gegnern reden.“ Bevor Rätz zu Attac kam, hat er einiges ausprobiert. Er war Mitglied der CDU, der Grünen, auch der Linkspartei. Wobei der Eintritt bei den konservativen eher aus pragmatischen Gründen erfolgte: „Ich komme aus der katholischen Eifel, da wählten früher 90 Prozent CDU.“ Doch als er beginnt, sich mit Befreiungstheologie zu beschäftigen und Kontakt zu Arbeiterpriestern aufnimmt, merkt er bald: „Das ist nicht meine Partei.“ In Bonn, wo er auch heute lebt, studiert er Politik, Philosophie und Geschichte. Er arbeitet als Koch, Pförtner, Telefonist und Lackierer, wird schließlich Hausmann und zieht vier Kinder groß. Seine momentane Tätigkeit erklärt er so: „Ich wechsle zwischen Arbeitslosigkeit und Publizieren.“ Erfahrung für die Demo-Organisation sammelt Rätz in den Achtzigerjahren in Bonn, als er mithalf, die großen Friedensdemonstrationen auf die Beine zu stellen. Das seien aber ganz anderen Bedingungen als in Heiligendamm gewesen: „Wir hatten eine Infrastruktur und hier standen wir im Wald.“ Außerdem sei es nur um Frieden und Aufrüstung gegangen, jetzt gebe es so viele Themen. Dass er in acht Jahren, wenn Deutschland wieder den G8-Vorsitz hat, erneut Proteste gegen einen G8-Gipfel organisieren wird, glaubt Rätz nicht: „Diese Form des Treffens hat sich doch total überholt.“ (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2007)