Die wiener wortstaetten, 2005 von Theaterautor Bernhard Studlar (34) und Regisseur Hans Escher (50) gegründet, versteht sich als kreatives Forschungslabor für unverbrauchte Theatertextformen. Abseits des (Staats-)Bühnengewerbes, wo Texte ökonomischer Verwertbarkeit gehorchen müssen, helfen sie jährlich vier jungen Autoren bei der Übertragung ihrer Textkonzepte auf ein bühnenadäquates Format. – Der Fokus des Projekts liegt derzeit auf den kulturellen Beziehungen zwischen Osteuropa und Wien.

Mit "Durch die Schluchten des Balkan" speist das Büro nun ein recht frei nach Karl May gehaltenes Destillat mit Martin Müller-Reisinger und Sebastian Wendelin ins Into the City-Programm. Derstandard.at wollte Genaueres wissen und hat scheinbar bei der Inszenierungsarbeit gestört. Die Antworten bleiben daher kurz, und versuchen sich geheimnisvoll.

derStandard.at: Ein Karl-May-Destillat als Theaterabend – was kann sich das Publikum dabei erwarten?

wortstätten: 3274 Seiten Karl May in einer Stunde 26 Minuten und 48 Sekunden

derStandard.at: Kara Ben Nemsi, im Karl-May-Roman von 1892 breitet er kolonialistisches Gehabe In den Schluchten des Balkan aus: Findet man ihn noch im (Wiener) Alltag? Wen?

wortstätten: Kara Ben Nemsi oder Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah

derStandard.at: Wurm oder Halunke sind typische Bezugnahmen auf Balkanbürger aus dem Original. Wie trägt man Mays unverhohlene Herablassungsklischees an ein modernes, diesbezüglich abgeklärtes Publikum?

wortstätten: Ist da wer abgeklärt – ist uns gar nicht aufgefallen

derStandard.at: Das Restaurant Beograd ist ja ein recht untypischer Ort für Theateraufführungen. Ein solcher birgt ja oft auch Vorteile. Oder...

wortstätten: ...Vorurteile

derStandard.at: In den wiener wortstaetten werden Theatertexte im Networking zwischen Autor, Schauspieler und Regie fein geschliffen. Wie fließt diese Produktionsweise ins Into the City-Projekt ein?

wortstätten: Geht bei uns gar nicht anders

derStandard.at: In den ersten vier Jahren sucht eure Werkstätte in Osteuropa nach Theaterinnovationen. Welches Potential hat dieser Raum für das europäische Theater?

wortstätten: Wir suchen nicht nach Theaterinnovationen, wir sind eine Theaterinnovation. Unser Hauptaugenmerk gilt der Arbeit mit in Wien lebenden Autoren, die auf Deutsch schreiben, deren Muttersprache aber eine andere Sprache ist. Das Potential hat Zukunft.

(red)