Brandl bei der Eröffnung des Österreich-Pavillons - nur kurz umrahmt von Kanzler Gusenbauer und Bundespräsident Fischer

Fotos: Andrea Starl

Ein Empfang für Herbert Brandl, der in Picknick-Manier am Boden speiste. Nur Peter Pakesch gesellte sich zu Brandl und dessen Freundin Edelgard Gerngross.

Foto: Andrea Starl
Die Geschichte vom guten Fürsten, der sich - weil sein Gast einen Etikettefehler machte - vor seinem Hofstaat erniedrigte, indem er den Fehler des Gastes wiederholte, gibt es in vielen Varianten. Aber im echten Leben ist es dann halt doch anders: Vielleicht war es ja Koketterie von Herbert Brandl, sich bei dem ihm zu Ehren gegebenen Gala-Mittagsempfang in einem noblen Palazzo in Venedig, Freitagabend nicht an einen der Tische zu setzen. Vielleicht hatte Österreichs Künstler der diesjährigen Biennale aber auch einfach den Platz übersehen, der da am Tisch mit Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Minister Martin Bartenstein noch frei war (vielleicht dachte er ja auch, der Platz würde für Kunstministerin Claudia Schmied freigehalten - die es vorzog, anderswo zu essen).

Essen par terre

Egal. Denn während sich all die wichtigen Menschen an den Tischen drängten, setzte sich Brandl mit seiner Freundin Edelgard Gerngross auf den Boden - obwohl das ganze Essen doch zu seinen Ehren ausgerichtet war. Die Politiker und die vielen aus Wien angereisten Kunst-, Kultur-, Museums- und Galerienwesen-Menschen (Klaus-Albrecht Schröder, Agnes Husslein, Gerald Matt, Hans Hollein) übersahen das. Oder aber sie "übersahen" es. Nur einer nicht: Peter Pakesch, Intendant des Grazer Joanneums, schnappte seinen Teller und setzte sich zu Brandl.

Später, als am Biennale-Gelände der Österreich-Pavillon eröffnet wurde, wiederholte sich das Spiel leicht modifiziert: Brandl stand vor einem Bild, der offizielle Tross steuerte auf ihn zu, umringte den Maler. Schultern wurden geklopft, freundliche Worte gewechselt - und nachdem die Kameras lang genug "Klick" gemacht hatten, zog der gut 30-köpfige Zug weiter. Nur einer blieb zurück. Fast wie ein Stein, an dem eine Welle vorbeischwappt: Versonnen lächelnd schaute Herbert Brandl der Meute nach.

Sicher: Dass man da die eigentliche Hauptperson zurückgelassen hatte, fiel dann doch auf. Im nächsten Raum. Zunächst den Fotografen, dann auch den Spitzen des Staates: Man holte Brandl, ließ ihn weiter hochleben - und achtete darauf, dass er nicht mehr aus dem Pulk fiel. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe, 11.6.2007)