London/Riad - Nach einer Schrecksekunde von ein paar Tagen hat der britische Rüstungskonzern BAE Systems auf die jüngsten Vorwürfe von Schmiergeldzahlungen nach Saudi-Arabien reagiert: Britische Medien meldeten am Sonntag, dass die größte britische Waffenfirma nun eine unabhängige Kommission aufstellen lassen will, die ihre Gaschäftsgebarung prüfen soll.

Pate für die Idee stand offensichtlich das mit dem früheren US-Außenminister James Baker prominent besetzte Panel, das der Ölriese BP im Vorjahr ins Leben rief, um die Explosion in einer Raffinerie in Texas City zu untersuchen, bei der 15 Menschen getötet wurden.

Hohe Wellen

Die Affäre, von Eurofighter-Partner BAE geleugnet, schlägt hohe Wellen in Großbritannien und Saudi-Arabien. Demnach soll der saudische Prinz Bandar bin Sultan Al Saud, Sohn des jetzigen Kronprinzen, von BEA jahrelang bis zu 180 Millionen Euro jährlich erhalten haben.

Die Gelder gingen auf zwei Konten der saudischen Botschaft in Washington ein, von einem von ihnen bestritt Prinz Bandar die Kosten für sein Privatflugzeug. Es wird angenommen, dass die Gelder für die Vermittlung des Verkaufs von unter anderem 100 Tornado-Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien geflossen sind, im Rahmen des Al-Yamamah-Waffendeals.

Auch britische Regierung betroffen

Auch die britische Regierung ist vom Skandal betroffen: Premierminister Tony Blair hatte im vergangenen Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft über BAE-Schwarzgeldkassen unter Hinweis auf nationale Interessen gestoppt. Der scheidende Premier verteidigte am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm seine Entscheidung: Die Ermittlungen hätten die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Großbritannien gefährdet und tausende britische Arbeitsplätze kosten können.

Prinz Bandar, einer der mächtigsten Politiker des saudischen Königshauses, hüllt sich persönlich in Schweigen und lässt seine Anwälte sprechen. Die Zahlungen werden nicht dementiert, sie seien regulär gewesen und an das saudi-arabische Verteidigungsministerium gegangen - wobei Prinz Bandar jedoch ein Recht auf "Spesenersatz" für offizielle Reisen von diesen Konten gehabt habe. Auch die US-Behörden hatten sich nach 2001 mit Bewegungen auf diesen Konten befasst und Barabhebungen in Millionenhöhe festgestellt. (guha/DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2007)