Es kam dem norwegischen Premier Jens Stoltenberg zu, beim Petersburger Wirtschaftsforum Russland - und den anwesenden GUS-Staatschefs - die Vorzüge einer Demokratie in Kombination mit einer liberalen Ökonomie darzulegen. Mit der skandinavischen Unaufgeregtheit und einer der EU fremden Furchtlosigkeit, die in der Unabhängigkeit von russischen Energieträgern gründet, hielt er ein Plädoyer für Demokratie und Menschenrechte, aber auch für die nötige Mischung von ökonomischer Effizienz und sozialem Ausgleich; für das wohltemperierte Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung und Privatunternehmertum, für eine gerechte Aufteilung der Einnahmen aus den Landesressourcen auf alle und für ein unverkrampftes Verhältnis zu ausländischen Investoren.

Wenn Russland und mancher GUS-Staat auf Ratschläge hören sollen, dann gerade auf die aus Norwegen. Die Skandinavier haben als eines der ganz wenigen Länder die Mammutaufgabe geschafft, aus dem Fluch (!) des übermäßigen Rohstoffreichtums eine blühende und tragfähige Ökonomie mit Wohlstand für alle zu formieren.

Mit der Einrichtung eines Stabilisationsfonds hat Russland bereits Anleihen an Norwegens Erfahrung genommen, Geldmassen für langfristige Maßnahmen aus dem aktuellen Umlauf abzuziehen. Dies in Kombination mit einer ersten Stabilisierung des Landes hat Putin erreicht. Weitere Imitationen Norwegens - etwa klare Regeln für ausländische Investoren - müssen alsbald folgen, will Russland 2020 zu den fünf stärksten Ökonomien der Welt zählen, wie Putins potenzieller Nachfolger Sergej Iwanow hofft.

Vor ihm oder einem seiner Konkurrenten liegen auch die Versäumnisse einer zuletzt reformgebremsten Putin-Mannschaft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.6.2007)