Das wichtigste globale Ereignis der vergangene Woche fand nicht beim G8-Gipfel in Heiligendamm, sondern in der Cyberwelt der amerikanischen Anleihenmärkte statt. Dort durchbrach die Durchschnittsrendite auf zehnjährige Staatspapiere die Schwelle von fünf Prozent und stieg unter hohen Kursverlusten auf bis zu 5,24 Prozent. Ein konkreter Anlass stand nicht dahinter, bloß eine diffuse Angst vor mehr Inflation. Gekoppelt mit der Warnung von Jean-Claude Trichet, des Chefs der Europäischen Zentralbank, er werde die Eurozinsen nicht bei vier Prozent belassen, ergab dies eine klare Botschaft: Die nach dem 11. September 2001 begonnene Niedrigzinsphase ist vorbei, die Zinsen gehen längerfristig in die Höhe.

Eine solche Entwicklung hätte dramatische Folgen für die Weltwirtschaft: weniger billiges Kapital für Unternehmensübernahmen, ein weiterer Rückgang der Immobilienpreise und fallende Aktienmärkte. Unternehmen würden weniger investieren, Verbraucher ihre Ausgaben einschränken und wieder mehr auf die hohe Kante legen. Das globale Wachstum, derzeit auf Rekordniveau, würde sich zumindest verringern oder gar in einen Abschwung münden.

Wann all das geschieht, ist offen, doch verhindern lässt sich der Konjunkturzyklus nicht. Wenn Zentralbanken die Zinsen möglichst niedrig halten, wie es etwa Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy von der EZB fordert, dann schaffen sie zwar kurzfristig mehr Wachstum, verstärken aber jene inflationären Tendenzen, denen früher oder später jeder Aufschwung zum Opfer fällt. Auch wenn der Preisauftrieb gering bleibt - die Immobilienblase und der Übernahmeboom machen deutlich, dass es zu viel billiges Geld in der Weltwirtschaft gibt. Die goldenen Zeiten in der Weltwirtschaft neigen sich dem Ende zu. (Eric Frey/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.6.2007)