Österreich müsse jetzt überlegen, welche militärischen Aufgaben bei Friedenseinsätzen auftauchen werden: Günther Greindl sagte Conrad Seidl, wie sich das Bundesheer dafür rüsten sollte.

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STANDARD: Herr General, man hat den Eindruck, das Bundesheer bestehe nur aus den Eurofighterdiskussionen - ist der Eurofighter das wichtigste Beschaffungsprojekt?

Greindl: Es ist das größte und deswegen ist es auch wichtig. Und es ist auch ein notwendiges Beschaffungsprojekt. Aber natürlich gibt es neben den Eurofightern wichtige andere Komponenten - das Peacekeeping ist eine davon.

STANDARD: Derzeit gibt es eine politische Festlegung, dass wir uns dabei - nach jahrzehntelangem Engagement auf Zypern und im Nahen Osten - auf den Balkan konzentrieren. Ist das eine richtige Orientierung?

Greindl: Es ist vorläufig noch ein Krisenherd, der für uns von besonderem Interesse ist. Es ist aber ein ausklingender Einsatz. In Zukunft wird die Masse der friedenserhaltenden Operationen in Afrika stattfinden. Es ist halt leider nicht sehr populär, sich in Afrika zu engagieren, es ist für die Wahrnehmung ein bisserl zu weit weg ...

STANDARD: Gerade in Bürgerkriegsgebieten braucht man viele Soldaten für eine Friedenstruppe. Kommt es da auf ein paar österreichische Infanteristen an?

Greindl: Ich will den Beitrag nicht kleinreden - aber es kommt auf unsere Infanteristen eher nicht an. Zu Zeiten, wo die UNO so 15.000 Soldaten im Einsatz hatte, war Österreich der drittstärkste Truppensteller und da hat die Infanterie auch noch gezählt. Heute kann man damit nicht mehr reüssieren. Infanteristen findet die UNO am leichtesten. Was dringend gebraucht wird, sind die Unterstützer, die so genannten Schlüsseleinheiten, die einen Einsatz ermöglichen. Wie zum Beispiel funktionierende Stabskompanien in Hauptquartieren oder Transporte mit Hubschraubern oder Einheiten, die auch Gendarmeriefunktionen übernehmen können.

STANDARD: Stabsarbeit ist ja etwas, was die Österreicher sehr gut können, da gibt es auch eine gute Ausbildung ...

Greindl: Eine ausgezeichnete! Aufholbedarf gibt es bei Investitionen, um auch anspruchsvollere Aufgaben zu erfüllen. Etwa im Verbindungswesen oder Hubschrauber, wo wir eine wirkliche Spitzenstellung in der Ausbildung einnehmen. Eine Fähigkeit, die international gesucht wird. Da könnte man einen sehr wertvollen Beitrag leisten, wenn man weniger Personal verwenden kann, aber technisch anspruchsvoller ist.

STANDARD: Die Hubschrauberflotte wird nachgerüstet, damit wir überhaupt internationalen Standard zu erreichen.

Greindl: Mit dem Ankauf der Black Hawks haben wir an und für sich ein hervorragendes Gerät gekauft - nur die Stückzahl reicht natürlich nicht aus, um da international irgendwas abstellen zu können. Dabei sind ja diese Fähigkeiten, die man anbieten kann, auch im Inneren nutzbar.

STANDARD: Wie viel Geld braucht man dazu? Österreichs Verteidigungsbudget beträgt ja nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts?

Greindl: Wir müssen wegkommen von den Überlegungen, ein Prozent oder 1,3 Prozent vom BIP zu brauchen. Das nimmt anscheinend eh niemand erst. Ich glaube, wir müssen projektbezogen denken: Wir wollen zum Beispiel eine Hubschraubereinheit mit 25 Black Hawks - und darüber muss man dann diskutieren, wenn die Politiker der Überzeugung sind, das ist sinnvoll, dann wird auch das Geld da sein - wenn man will.

STANDARD: Bei 24 Eurofightern wurde 2002 genau das probiert - und es gibt immer noch keinen Konsens, der auch hält ...

Greindl: Wir haben in Fragen der Landesverteidigung keine Konsenskultur, wie es sie in den Siebzigerjahren über die Raumverteidigung gegeben hat. Ich habe oft den Eindruck, man lässt die Militärs fuhrwerken und die Politik schaut dann zu, was passiert. Das Problem ist, dass wir es - anders als etwa Dänemark - nicht geschafft haben, das Parlament in diese Fragen einzubinden. Xavier Solana hat ja beklagt, dass Europa überhaupt erst eine strategische Kultur entwickeln muss - und das gilt für Österreich erst recht.

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Zur Person Günther Greindl (68) war Generalstabsoffizier bei der UNO in Syrien, Kuweit und Jugoslawien. Nach der Pensionierung wurde er vom BMLV als Experte weiter beauftragt.