Österreichs Wachstum ist so gut wie schon lange nicht, und das ist gut so. Das bringt sinkende Arbeitslosigkeit und Reserven für schwierige Jahre. So gesehen bekommen auch die meisten Arbeitnehmer eine Dividende der überraschend robusten und überdurchschnittlich guten Konjunkturentwicklung.

Ein Grund dafür, warum Österreichs Wirtschaft über dem EU-Schnitt liegt, ist die "moderate Lohnentwicklung", wie das die Wirtschaftskammer nennt. Soll heißen: Die Entwicklung der Löhne liegt deutlich (fast die Hälfte) unter dem Zuwachs der Produktivität. – Im Klartext: Die Unternehmen behalten mehr vom steigenden Gewinn als ihre Arbeitnehmer. Davon wird zwar vieles investiert, und auch über diverse Anlagen wie Pensionsfonds bekommen Arbeitnehmer einen Anteil an diesen Gewinnen.

Aber das Ungleichgewicht besteht, und das drückt sich auch in einer Schwäche dieses Konjunkturbildes aus: Es wird mehr gespart, weniger konsumiert. Pensionsreformen und die Sorge um den Arbeitsplatz schlagen sich in einer vorsichtigeren Grundhaltung nieder, und das wiederum sollte auch Unternehmen zu denken geben, die von dieser Kaufkraft leben. Es ist darum an der Zeit, zumindest in einigen Bereichen – zum Beispiel bei der Festlegung eines Mindestlohns – in die Wirtschaftskraft von Arbeitnehmern zu investieren.

Gute Konjunktur bringt auch hohe Steuereinnahmen, und die verleiten dazu, neue Ausgaben zu erfinden oder ineffiziente Ausgabenstrukturen zu belassen, da Reformen mit Widerständen verbunden sind. Beispiel Dienstrecht im öffentlichen Bereich: Da war die ÖVP nur all zu schnell bereit, ihrer Beamtenklientel eine Kosten senkende Änderung zu ersparen. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.06.2007)