"Es ist endlich gelungen, den vielen ehemaligen Zwangsarbeitern die versprochene humanitäre Unterstützung zukommen zu lassen." Es war eine positive Bilanz, die die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag bei einer Feierstunde im Berliner Schloss Bellevue zog. Und auch der ehemalige Zwangsarbeiter Noach Flug, Vorsitzender des internationalen Auschwitzkomitees, würdigte den offiziellen Abschluss der finanziellen Entschädigung für Zwangsarbeiter 62 Jahre nach Kriegsende: "Ich sehe mit Genugtuung, dass die Stiftung eine große und wichtige Leistung vollbracht hat."

Sechs Jahre lang hat die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" rund 4,4 Milliarden Euro an 1,7 Millionen noch lebende Zwangsarbeiter oder deren Erben in 90 Ländern - vor allem in Osteuropa - ausbezahlt, die Beträge lagen zwischen 2556 und 7669 Euro. "Das zugefügte menschliche Leid kann mit finanziellen Mitteln niemals wieder gutgemacht werden", betonte Merkel zum Abschluss , aber dennoch sei das Geld ein Beitrag zur Gerechtigkeit. Bundespräsident Horst Köhler sprach von einer Initiative, "die bitter nötig war auf dem Weg zu Frieden und Aussöhnung".

Ins Leben gerufen hatte die Stiftung Merkels Vorgänger Gerhard Schröder (SPD). Ende der Neunzigerjahre waren deutsche Konzerne wie BMW, Daimler-Benz und VW unter Druck geraten, weil ehemalige Zwangsarbeiter gegen sie Sammelklagen in den USA eingereicht hatten. Nachdem die deutsche Wirtschaft und die damalige rot-grüne Bundesregierung nach erheblichem internationalen Druck beschlossen, den Entschädigungsfonds mit je fünf Millionen D-Mark (insgesamt 5,1 Milliarden Euro) zu speisen und die US-Bundesrichterin Shirley Kram im Mai 2001 mehrere Sammelklagen abwies, konnten die Auszahlungen beginnen. Denn für ihre Zahlungen hatten die deutschen Konzerne Rechtssicherheit gefordert. Ausbezahlt wurde das Geld dann nicht direkt von der Stiftung, sondern über sieben Partnerorganisationen in Osteuropa und Israel. Die meisten NS-Opfer leben in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion.

Die Arbeit der Stiftung ist mit dem Ende der Zahlungen jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Stiftung soll jetzt die Erinnerung an den Nationalsozialismus wachhalten. Sie verfügt über ein Kapital von 425 Millionen Euro und wird jährlich acht Millionen Euro in Projekte wie Geschichtswettbewerbe und Stipendien investieren. Außerdem soll es weiterhin humanitäre Hilfe für Zwangsarbeiter geben. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 13.6.2007)