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Die Franzosen wollten Hummer-gabeln, die Österreicher Kuchen-gabeln. Jetzt gehen Berndorf und der Besteck-Konzern Guy Degrenne wieder getrennte Wege.

Foto: Bernorf/Reuters
Wien – Berndorf Besteck kehrt in die Hand von Österreichern zurück. Der Traditionsbetrieb stand sieben Jahre lang unter der Federführung des französischen Tischkultur-Konzerns Guy Degrenne. Jetzt haben Investoren rund um die ehemalige Mutter Berndorf AG und den Geschäftsführer Christian Schett alle Anteile zurückgekauft. Die Marke hat Berndorf nie aus der Hand gegeben.

„Ein bisschen Sentimentalität war hier schon dabei“, sagt Norbert Zimmermann, Miteigentümer und Chef von Berndorf, dem Standard. Er hat den Konzern einst auf Hochtechnologie ausgerichtet. Besteck passte nicht dazu, die Franzosen boten sich als Partner an. Doch die änderten die Strategie, verkauften die Schweizer Berndorf Besteck und verwarfen Ausbaupläne im Osten.

"Wir machen keinen strategischen Schwenk", sagt Zimmermann. Er wolle aber nicht, dass Berndorf Besteck wo lande, wo seine Firma die Kontrolle über die Marke verliere. Außerdem traue er Schett zu, den Betrieb voranzubringen. Die Berndorf AG hält jetzt 40 Prozent am Besteck-Geschäft, 25 Prozent sind im Besitz der Familie Schett, 30 Prozent gehören zwei österreichischen Investoren und fünf einem slowakischen Berndorf-Manager.

Französische und österreichische Tischkultur hätten einfach nicht zusammengepasst, sagt Schett. "Guy Degrenne wollte etwa, dass wir hier Schneckenzangen und Hummergabeln verkaufen." Die Franzosen wiederum konnten mit Kuchengabeln wenig anfangen. Die Abnabelung sei daher beiden leicht gefallen.

Berndorf Besteck hat 2006 mit 45 Mitarbeitern zehn Mio. Euro umgesetzt und verbucht seit einigen Jahren leichte Verluste. Der Grund seien Overhead-Kosten in einem börsenotierten Konzern, 2008 werde es wieder Gewinne geben, sagt Schett. Er will die Exportmärkte Portugal, Spanien, Italien und Dänemark zurückholen und in Osteuropa expandieren. Design und Entwicklung sind in Österreich. Produziert wird bei Guy Degrenne, deutschen und asiatischen Partnern. Die Berndorf AG besaß bis Frühjahr eine slowakische Fertigung. Sie wurde an eine deutsche Beteiligungsfirma abgegeben, die Vertriebsniederlassung ist geblieben.

Doch der Markt ist rau. Billigbesteck überschwemmt den Handel, vieles ist kopiert. Chinesische Imitate von Bestsellern kosten Berndorf jährlich 100.000 Euro, sagt Schett. Das einzudämmen sei fast unmöglich. Harter Konkurrent bleibt zugleich die deutsche WMF. Sie betreibt in Österreich 13 eigene Shops, ist Exklusivlieferant von Lutz und setzt hier mit Besteck 6,6 Mio. Euro um.

"Auf kleinster Fläche lassen sich große Umsätze erzielen", sagt WMF-Österreich-Chef Rudolf Leitner. Er freue sich über den Eigentümerwechsel beim Mitbewerb. „Doch dass sie uns die Marktführung abringen, ist beim besten Willen nicht möglich.“ Berndorf führt fünf eigene Filialen, beliefert die Gastronomie und Kika/Leiner.

Große Anbieter wie Tchibo und Ikea lassen selbst in Fernost fertigen, kleine Fachhändler sperren zu. "Früher war das Besteckgeschäft gemütlich", sagt Zimmermann. Doch mittlerweile gebe es nur mehr selten richtige Hochzeitslisten. "Die Leut’ lassen sich ja öfter scheiden als verheiraten." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.06.2007)