Kleinwasserkraftwerk Ybbssitz: Betreiber fürchten, dass vermehrte Kosten wegen der Ökologisierung der Gewässer auf sie zukommen.

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Bäche und Flüsse sollen fließen, Fische und anderes Getier nicht von Staumauern am Weiterkommen gehindert werden. Mit der im Jahr 2000 in Brüssel verabschiedeten Wasserrahmenrichtlinie wird das Ziel verfolgt, Gewässer durch gezielte Maßnahmen insgesamt in einen "guten Zustand" zu bringen - europaweit.

Die Umsetzung beunruhigt vor allem die Elektrizitätswirtschaft, die von alters her die Kraft des Wassers zur Stromgewinnung nutzt. Während bei neuen Kraftwerken integrierte Bypasslösungen vorgeschrieben sind und Fische somit stromauf, stromab wandern können, ist dies bei alten Kraftwerken nicht der Fall.

Die E-Wirtschaft sieht nun eine Kostenlawine auf sich zukommen, weil sie in Befolgung der EU-Wasserrahmenrichtlinie nachträglich Fischaufstiegshilfen errichten muss.

"Die österreichische Stromwirtschaft gehört zu den Hauptbetroffenen in Europa", sagte Herbert Schröfelbauer, Spartensprecher Erzeugung im Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ), dem Standard. Schließlich stammten hier zu Lande 61 Prozent der Stromerzeugung aus Wasserkraft. In der EU sei nur in Lettland der Wasserkraftanteil höher. Nach einer Studie der TU Graz im Auftrag des Umweltministeriums und der E-Wirtschaft könnte die "Ökologisierung" der Gewässer die Branche auf bis zu 234 Millionen Euro zu stehen kommen. Notwendige Adaptierungen würden die Produktion von Strom aus Wasserkraft um zwei bis sieben Prozent einschränken. Wenig Bedenken gibt es dazu auf grüner Seite. "Die Wasserrahmenrichtlinie ist wichtig und muss umgesetzt werden", sagte die grüne Energie- und Umweltsprecherin Ruperta Lichtenecker. "Mit etwas gutem Willen von beiden Seiten lassen sich Ökologie und Ökonomie durchaus vereinbaren." Außerdem sei es möglich, durch Verbesserung des Wirkungsgrades bei dem einen oder anderen Kraftwerk mögliche Produktionsverluste auszugleichen.

Im Umweltministerium ist man gerade dabei, Daten über die Qualität der Gewässer zusammenzutragen. "Wir haben den Vorteil, auf einem guten Datensatz aufbauen zu können", sagte der zuständige Sektionschef Wilfried Schimon. Im Laufe des Jahres 2008 sollen diese Informationen ihren Niederschlag in einem Flussgebietsplan finden. Ein darauf abgestimmter Maßnahmenkatalog soll den Istzustand der jeweiligen Gewässer an den Sollzustand heranführen. Dies soll nach Möglichkeit bis 2015 geschehen, spätestens aber bis 2027.

Schröfelbauer, der neben seiner Funktion im VEÖ die Verbundtochter Austrian Hydro Power (AHP) managt, geht davon aus, dass in einem ersten Schritt die Donau durchgängig gemacht werden muss. Allein das würde 60 Mio. Euro kosten. Kommenden Mittwoch wird erstmals in Österreich bei einem bestehen Donaukraftwerk eine Fischwanderhilfe ihrer Bestimmung übergeben. "Das ist ein Pilotprojekt", sagte Schröfelbauer. Die Kosten für den Bypass beim Kraftwerk Melk bezifferte er mit 2,22 Mio. Euro. Neben den Fischaufstiegshilfen steht die E-Wirtschaft laut Schröfelbauer auch noch in zwei anderen Punkten unter Druck. So könnte es etwa gerade bei Speicherkraftwerken durch eine zu strenge Schwallbegrenzung zu massiven Verlusten an Spitzen- und Regelenergie kommen. Und schließlich auch beim Restwasser, das sozusagen ungenutzt an der Turbine vorbei durch das Flussbett rinnt. Je nach Art des Kraftwerks sind auch heute schon gewisse Prozentsätze an Restwasser bei Kraftwerken vorgeschrieben. Da wird es in Zukunft strengere Regelungen geben. Lichtenecker von den Grünen sieht das positiv. Sie verweist auf die Mühl im oberösterreichischen Mühlviertel. Unterhalb des Kraftwerks der Energie AG sei die Mühl fast ausgetrocknet gewesen. Seitdem es wieder genügend Restwasser gebe, seien auch positive Auswirkungen auf den Tourismus feststellbar. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.06.2007)