Europas Energiepartnerschaft mit Russland: hier Misstrauen, dort Beteuerungen. Bei einer Begegnung wurden die Diskrepanzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit deutlich
Redaktion
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Wildbad Kreuth/Wien – Fast flehentlich warben die Russen bei ihren deutschen Gastgebern, ihnen doch zu glauben: dass Russland als ein Hauptenergielieferant Europas diese Rolle niemals politisch ausnützen werde; dass Russland europäische Investitionen brauche und für Rechtssicherheit sorgen werde. Aber es half wenig. Auf der Gegenseite überwog das Misstrauen.
Die bayerische Hanns-Seidel-Stiftung hatte Abgeordnete der Staatsduma zu einem Dialog geladen, unter anderem über die Perspektiven der so genannten Energiepartnerschaft zwischen der EU und Russland (siehe auch Seite 5). Es wurde, trotz lockerer Atmosphäre und freundlichen Tonfalls, eine offene Aussprache. Frank Umbach von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik las den Gästen das Sündenregister aus europäischer Sicht vor: Russland habe auf dem Energiesektor die Monopol-Strategie eingeschlagen. Dabei spiele der Kreml-kontrollierte Monopolist Gasprom die Schlüsselrolle. "Monopole sind aber weder produktiv noch effizient und führen zu mehr Korruption." Folge: Die Liberalisierung der Energiemärkte in der EU und eine enge strategische Partnerschaft mit Russland seien "zwei verschiedene Paar Schuhe, das passt nicht zusammen".
Diversifizierung der europäischen Energiepolitik
Dabei müsse man Präsident Wladimir Putin geradezu dankbar sein, meint Umbach. Denn niemand habe mehr getan für die Diversifizierung der europäischen Energiepolitik als er.
Diese Diversifizierung stellten die Russen ihrerseits infrage. "Ziehen Sie (den iranischen Präsidenten) Ahmadi-Nejad oder den Nachfolger von Turkmenbaschi in Turkmenistan Putin vor? Oder ist etwa Saudi-Arabien demokratischer als Russland? Das wäre noch zynischer als die gegenwärtige europäische Politik", konterte der linksnationalistische Abgeordnete Dimitri Rogosin. Sein Kollege Sergej Pekpejew von der Kreml-Partei "Einiges Russland" fragte zunächst, warum man denn eingeladen worden sei, wenn man für undemokratisch gehalten werde, um mit einem Appell zu enden: "Genossen Europäer, wir müssen zusammenarbeiten."
Umbachs Forderung, die russische Wirtschaft viel stärker zu diversifizieren, fand auch bei den Gästen Zustimmung. Der Nachsatz weniger: "Aber es gibt kein Beispiel, dass dies durch Re-Nationalisierung gelingen kann." (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.6.2007)
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