Die erste: Die Einrichtung einer Section Control und damit verbunden die Erfassung aller vorbeikommenden Autos betrifft zwar das Grundrecht auf Datenschutz, ist grundsätzlich aber nicht verfassungswidrig. Allerdings nur, wenn die Gesetze auch verfassungskonform angewendet werden. Was nach Binsenweisheit klingt, hat bedeutende Auswirkungen, wie die zweite Entscheidung zeigt: Obwohl theoretisch erlaubt, ist die Tempoüberwachung im Wiener Kaisermühlentunnel praktisch dennoch illegal und unverzüglich abzuschalten.
Verordnung nötig
Die Begründung: Es gibt keine Verordnung, in der steht, warum eigentlich in dem Bauwerk auf der Donauuferautobahn A 22 die Geschwindigkeit so überwacht werden muss. Eine solche Verordnung des Verkehrsministers sei aber nötig. Damit man sie im Zweifelsfall anfechten kann. Weitere Bedingungen für die Verfassungsmäßigkeit: Daten von Autofahrern, die nicht zu schnell sind, müssen sofort gelöscht werden. Und die Section Control muss klar erkennbar sein.
Der Akademiker, der die Causa vor das Höchstgericht gebracht hat und nun keine Strafe zahlen muss, wird sich aber nur kurz über das richterlich verordnete Aus freuen können. Laut Peter Goldgruber von der Wiener Polizei ist die Überwachung im Kaisermühlentunnel zwar mittlerweile eingestellt. Doch Verkehrsminister Werner Faymann (SP) ließ über seinen Pressesprecher ausrichten, in rund vier Wochen werde die neue Verordnung, die den Bedingungen des VfGH entspricht, fertig sein.
Doch das Urteil wird wohl nicht auf die umfassende Tempokontrolle beschränkt bleiben. Denn auch bei der geplanten Vorratsdatenspeicherung tritt das Problem auf, dass persönliche Daten von allen erfasst und gespeichert werden, um Verdächtige herausfiltern zu können. Ebenso bei polizeilicher Videoüberwachung öffentlicher Plätze. VfGH-Präsident Korinek wollte nach der Urteilsbekanntgabe keine Präjudizierung treffen, da derzeit kein Anlassfall vorliege. Doch die Tatsache, dass für die Section Control künftig eine ausführliche Begründung der potentiellen Unfallgefahr auf der Strecke notwendig ist, lässt die von Korinek angesprochenen Konturen erahnen - ziellose Kontrolle wird erschwert.