Karlsruhe - Im Kampf gegen den Missbrauch von Drogen könnte nach Ansicht des Bielefelder Wissenschafters Klaus Hurrelmann ein kontrolliertes Heranführen von Jugendlichen an Alkohol oder auch Cannabis erfolgreich sein. Auf einem Fachkongress in Karlsruhe und im Beisein von Königin Silvia von Schweden sagte der Gesundheitswissenschafter und Jugendforscher am Freitag, die gefährlichen Entgleisungen im Rausch seien unter anderem auf die mangelnde persönliche Erfahrung mit Drogen wie dem Alkohol zurückzuführen.

Eine erste Erfahrung des Rauschzustandes zum Beispiel im Beisein der Eltern wie in früheren Zeiten gebe es nicht mehr. "Deshalb sind schrittweise Anleitungen nötig, die festlegen, wie, wann, unter welchen Umständen und in welcher Dosierung eine psychoaktive Substanz konsumiert werden kann", sagte Hurrelmann.

"Besser ein Regel geleitetes Training zum Rauschtrinken mit vorhersehbaren Ergebnissen als ein zwar spontanes, aber jenseits der persönlichen Kompetenzen liegendes Koma-Saufen", betonte der Professor. Als mögliche Aufsichtsbehörde nannte er die Schulen. Neben dem Alkohol müssten später auch andere Drogen zum Thema gemacht werden. "Die Lehrer stehen da wegen der Illegalität aber in einer pädagogischen Falle", sagte Hurrelmann.

Neue Wege in der Prävention

Als Schirmherrin des Kongresses mit dem Titel "Rausch als Risiko und Herausforderung" forderte die schwedische Königin "neue Wege" bei der Suchtprävention. "Wenn Kinder keine Vorbilder mehr haben, dann ist es Zeit für neue Wege und neue Zielgruppen." Die Vorbeugung und Hilfe dürfe nicht in Hunderte chronisch unterfinanzierter Einzelprojekte zersplittert werden. "Wir müssen dafür sorgen, dass das Gute und Bewährte flächendeckend durchgeführt wird", sagte die Monarchin. Bis zum Samstag beraten Politiker und Wissenschafter in Karlsruhe über Thesen zum Drogenmissbrauch und zur Vorbeugung.

In der Debatte um das so genannte Koma-Trinken bei Flatrate-Partys - wo man einmal bezahlt und grenzenlos trinken kann - betonte die Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Sabine Bätzing: "Wir brauchen keine neuen Gesetze, aber der bestehende gesetzliche Rahmen muss ausgeschöpft werden." An Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren dürfe nur Wein und Bier ausgeschenkt werden, ein erkennbar Betrunkener dürfe gar keinen Tropfen mehr bekommen.

"Wer also solche Partys veranstaltet, riskiert den Verlust seiner Gaststättenerlaubnis", sagte Bätzing. Bei der Prävention fehle bisher in einigen Bereichen das konkrete Wissen über die Gründe für den Griff zur Droge. Mit diesem Wissen könnten dann auch neue Programme aufgelegt werden. "Wir brauchen mehr Maßanzüge statt Stangenware." (APA/dpa)