Wien - Die SPÖ begrüßt das Abrücken der ÖVP von ihrer
bisherigen Haltung zur Vorschule. "Der Druck von Eltern, Experten und
Wirtschaft ist offenbar so groß geworden, dass nun auch die ÖVP von
ihrem sturen Nein zu einer verpflichtenden vorschulischen Ausbildung
abrückt", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina in Reaktion
auf Aussagen von Vizekanzler Wilhelm Molterer. Dieser hatte im "Neuen
Volksblatt" für verpflichtende Angebote für Kinder mit
Sprachdefiziten im Kindergarten plädiert.
Niederwieser gegen Leitl-Vorschlag
"Da sich die Vorschläge von Molterer, Bartenstein und
Leitl den von den Sozialdemokraten präsentierten Plan zur raschen
Schaffung eines vorschulischen Angebots annähern, ist es möglich,
noch heuer im Herbst eine Lösung zu beschließen, die bereits im
Schuljahr 2008 zu greifen beginnen kann", sagte Kalina in einer
Aussendung. Für die SPÖ kommt es nicht darauf an, wo dieses Angebot
stattfinde, das könne im Kindergarten sein oder in der Schule.
Wenig hält SP-Bildungssprecher Erwin Niederwieser vom Vorschlag
Christoph Leitls eines verpflichtenden Vorschuljahrs für jene mit
Sprachdefiziten. Er befürchtet große Schwierigkeiten bei der Auswahl
der Kinder, denn das müsse auf einem rechtsstaatlich einwandfreiem
Verfahren beruhen. "Das heißt, man wendet sehr viel Zeit auf, um
diese Kinder herauszusuchen, da könnte man diese Investition gleich
in die Förderung stecken", wandte sich Niederwieser am Samstag im
Radio-Mittagsjournal gegen einen dafür notwendigen "enormen
juristischen Apparat" und plädierte einmal mehr für eine
verpflichtende Vorschulerziehung für alle. Beim Koalitionspartner
gehe einmal darum, "innerparteiligen Möglichkeiten in der ÖVP
auszuloten". "Vielleicht braucht die ÖVP noch etwas mehr Zeit um sich
für die bessere Lösung zu entscheiden", so Niederwieser.
Bartenstein für Leitl-Vorschlag
Wirtschaftsminister Bartenstein hat im
Ö1-"Mittagsjournal" Kritik, die ÖVP sperre sich gegen die
Gesamtschule und gegen ein verpflichtendes Vorschuljahr,
zurückgewiesen. Ein entsprechender Vorstandsbeschluss vom vergangenen
Montag sei "absichtlich missverstanden" worden. Es gehe darum, dass
die ÖVP ein differenziertes Schulsystem haben wolle, "ohne
Nivellierung nach unten". Bei der Frage der Vorschule plädierte der
Minister - ähnlich wie Leitl - für eine verpflichtende Sprachschulung
- allerdings nur, wenn vorangegangene Tests eine Notwendigkeit dafür
erkennen lassen. Es sei klar, dass es viele junge Menschen gebe, die
auf Grund ihrer Sprachkenntnisse keine Chancen am Arbeitsmarkt
hätten. Dem gelte es entgegenzuwirken. Für die Arbeit der Regierung
würde sich der Minister im Übrigen ein "Gut" wünschen. "Vielleicht
kommt ein Dreier raus", sagte er. (APA)