Die Lokomotive wurde 1882 von der Münchner Firma Krauss für die Eisenbahn Wien-Aspang gebaut. Sie fuhr auf der Strecke von Wien zum Zentralfriedhof, bis 1904 die Straßenbahnlinie elektrifiziert wurde. Danach fristete sie ihr Dasein mit verschiedenen Einsätzen in Industriebetrieben. 1937 kaufte sie das Kabelwerk Felten & Guilleaume in Diemlach (Steiermark) als Werkslok und verlieh ihr den heutigen Namen. Seit 1967 ist sie im Besitz des Technischen Museums Wien und wurde 2006 komplett restauriert.

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Die Idylle trügt: Der Prognos European Transport Report 2002 entwickelte ein Bild der zukünftigen Verkehrsentwicklung bis 2010 und 2015 für Westeuropa. Auch in Zukunft werde der Güterverkehr in Westeuropa stärker wachsen als die Wirtschaft insgesamt, so die Basler Verkehrsexperten. Im Jahr 2015 werde sich die Transportleistung auf der Straße gegenüber 1991 in etwa verdoppelt haben.

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Vorausgesetzt, die eingeleiteten Reformbestrebungen im europäischen Schienenverkehr beginnen im laufenden Jahrzehnt zu greifen und die Wettbewerbsposition der Bahnen in Verbindung mit politischen und infrastrukturellen Maßnahmen werden sukzessive verbessert, rechnet Prognos längerfristig damit, dass die Schiene ihren Marktanteil von 13,5 Prozent auf knapp 14,5 Prozent im Jahr 2015 ausbauen kann. Gegenüber 2000 bedeute dies eine Zunahme der Güterverkehrsleistung der westeuropäischen Eisenbahnen um rund 50 Prozent.

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Güterströme sind grundsätzlich nach der ökonomischen Vernunft aufgeteilt. Ob das, was ökonomisch vernünftig ist, auch ökologisch vernünftig ist, sei dahingestellt. Grundsätzlich gibt es wohl für jedes Gut das richtige Transportmittel. Für Joghurtbecher ist für eine Entfernung bis zu 250 Kilometer der LKW das ideale Transportmittel. Massenhafte Systemverkehre, wie etwa Aluminium oder Papier für Großdruckereien, gehören auf die Schiene. Das Binnenschiff ist optimal für Rohstoffe oder landwirtschaftliche Produkte - große Getreidespeicher wurden schon vor 100 Jahren nahe ans Wasser gebaut. Auch für Schwergut mit Lademaß-Überschreitungen oder Gefahrgüter ist das Binnenschiff bestens geeignet. Für Treibstoff-Transport punktet ebenfalls die Wasserstraße mit ungleich höherer Sicherheit des Binnenschiffs, als wenn ein LKW oder die Bahn damit durch Siedlungen oder Bahnhöfe fährt.

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Der Schwerverkehr in Österreich verursacht jährliche Kosten von 3,1 Mrd. Euro, errechnete vor geraumter Zeit der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Umgerechnet auf jeden Österreicher sind das rund 385 Euro/Jahr. Im Vergleich zum Gütertransport auf der Schiene ist der Lkw-Verkehr viermal so teuer und verursacht das 15-fache an Kohlendioxid-Emissionen, so die Studie des VCÖ.

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Gütertransport funktioniert auch auf den Straßenbahngleisen: Wiens Güterbim.

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Ilse übersiedelte jüngst vom Karlsplatz zum Technischen Museum. Dort bleibt sie nun einmal, als Vorbotin auf die große Ausstellung "Zu(g)bau 2008". Der Umzug erfolgte trotz der Tatsache, dass Ilse eine Lok ist, auf der Straße. Die 125-jährige gewichtige nostalgische Zugmaschine – immerhin bringt sie es auf 22 Tonnen – wurde von der ÖBB-Tochter Rail Cargo Austria mittels zwei Kränen auf einen Spezialtieflader gehievt. Durch die Straßen Wiens ging es dann vom Karlsplatz zum Technischen Museum. Die Transportaufgabe wurde – davon ist auszugehen – nach allen Regeln der Logistik-Kunst und nach dem Gebot der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel und -wege organisiert. Und sie widerspricht keineswegs der Praxis der Transporteure.

Die ÖBB sind nämlich zunehmend auf der Straße aktiv. In den vergangenen Jahren hatte die Logistik-Tochter rund 80 Speditionsfirmen in Osteuropa erworben. Immerhin hat die Gütersparte der Bundesbahnen 2006 wieder mehr transportiert als im Jahr davor. Das Transportvolumen ist laut Austria Presse Agentur (Stand Ende 2006) von 88 auf 93 Millionen Tonnen gestiegen und hatte damit wieder das Niveau von 2004 erreicht. 2005 schlug sich die zunehmende Konkurrenz der Straße mit einem deutlichen Rückgang nieder. Insgesamt hat sich der Marktanteil des schienengebundenen Güterverkehrs in Europa von etwa 32 Prozent im Jahr 1970 auf etwa elf Prozent derzeit gedrittelt, während der Gesamtgüterverkehr seit Beginn der LKW-Ära um mehr als 70 Prozent wuchs. In Österreich werden laut ÖBB noch rund 37 Prozent der Güter auf der Schiene befördert.

Vorbild Schweiz

In der Schweiz sind es schon heute zwei Drittel; damit gibt man sich aber noch lange nicht zufrieden. "Es ist ein ergreifender Tag, sogar der Himmel weint vor Freude", sagte der Schweizer Verkehrsminister Moritz Leuenberger, als dieser Tage der Lötschberg-Basistunnel eröffnet wurde. Das Jahrhundertbauwerk wurde nach rund achtjähriger Bauzeit fertig und ist mit 34,6 Kilometern Länge bis zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels 2016 der längste Eisenbahntunnel der Schweiz und nach dem Seikan-Tunnel in Japan und dem Eurotunnel zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland der drittlängste der Welt. Der erste von zwei neuen Schweizer Tunnelbauwerken zum Ausbau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) soll dabei helfen, noch mehr Lastwagen auf die Schiene zu verlagern. Der neue Tunnel soll laut Leuenberger in etwa doppelt so viele Güterzüge durch den Lötschberg bringen als vorher.

Zweites Mammut-Projekt im Zuge der NEAT ist der erwähnte Gotthard-Basistunnel. Er soll 2017 in Betrieb gehen und wird mit 67 Kilometern der längste Tunnel der Welt sein. Die Kosten für die gesamte NEAT werden derzeit auf 15 Mrd. Euro geschätzt. Mit 63 Kilometern annähernd gleich lang wird der Brenner-Basistunnel werden, der als dritter alpenquerender Eisenbahntunnel ab 2020 Österreich mit Italien verbinden soll. Die Kosten dafür werden derzeit auf 8 Mrd. Euro geschätzt. Die EU soll mitzahlen, konkrete Zusagen gibt es noch keine.

Die Schweiz hat bei der Finanzierung auf Straßenabgaben gesetzt. Die auf allen Straßen geltende Lkw-Maut ist rund doppelt so hoch wie in Österreich. Auch bei der Mineralölsteuer (MöSt) zahlen die Schweizer pro Liter Diesel 17 Cent mehr. In die entsprechende MöSt-Anhebung zur Finanzierung der NEAT hatten die Schweizer via Volksabstimmung eingewilligt.

Geht es nach dem Willen von Verkehrsminister Werner Faymann, soll Österreich nachziehen, und zwar durch "eine Änderung der Wegekostenrichtlinie auf Höhe der Schweiz." Einer seiner weiteren Wünsche: "Baubeginn für den Brennerbasistunnel 2010". Übrigens: Bereits im Jahre 1910 gab es erste Planungen zum Bau eines Tunnels quer durch das Brenner-Massiv, um die zeitaufwändigen Bahnfahrten über den Brennerpass zu vermeiden. Ob überhaupt und in welcher Form der Tunnel geeignet wäre, Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene zu bewirken, darüber ist man sich bis heute uneins.

Von der Schiene auf die Straße

Während die Politik nicht müde wird, den Umstieg von der Straße auf die Schiene zu predigen, wollen die ÖBB ihre Regionalbahn-Linien lieber heute als morgen durch neue Bus-Verbindungen ersetzen oder ihre Schmalspurbahnen an die Länder abtreten und/oder durch Busse ersetzen. Ein internationaler Trend, der sich in Zukunft auch beim Güter-Nahverkehr verstärken könnte, wie US-Berater Mercer vergangenen Herbst warnte.

Die Transporteure selbst glauben indes, mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Heuer hat der Vorstand der Staatsbahnen seine Ziele für den Güterverkehr folgendermaßen abgesteckt: Bis 2012 soll das Transportvolumen um fast ein Drittel von zuletzt 93 auf 120 Mio. Tonnen erhöht werden. Der Güterverkehrsanteil der Bahn im Inland solle dadurch auf 40 bis 45 Prozent ansteigen. Wachstumspotenzial sieht Railcargo-Vorstandschef Gustav Poschalko zum einen in Österreich, aber "ein noch größeres Wachstum sehen wir auf unseren Zielmärkten in Süd- und Südosteuropa. Dort haben wir aufgrund unseres Logistik-Netzwerkes schon jetzt sozusagen den Fuß in der Türe." Im Vorjahr habe man 80 Prozent der Transporte grenzüberschreitend abgewickelt, "diese Entwicklung wird anhalten."

Umgekehrt wollen nicht nur die ÖBB über die Grenzen hinaus. Mittlerweile sind hierzulande auch nicht mehr nur die Staatsbahnen mit ihren Gütern auf Schienen unterwegs. Das 2001 verabschiedete Eisenbahnpaket I ermöglichte per 15. März 2003 theoretisch die Öffnung des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs. Ab da konnten die ÖBB zum Beispiel Waren von Österreich nach Spanien transportieren, oder der deutsche Chemiekonzern BASF seine Produkte mit eigenen Zügen nach Linz führen. "Eisenbahnpaket II", vorgelegt im März 2002, brachte auch die Einführung der Kabotage – die Erlaubnis, dass Schienenfrächter auch im "EU-Ausland" Transporte aufnehmen dürfen. 2004 zählte eine Studie von IBM Business Consulting neben den ÖBB zehn in Österreich aktive Bahnen, heute dürfte sich die Zahl etwa vervierfacht haben.

Grenzüberschreitender Güterverkehr

Der internationale Güterverkehr auf dem "Transeuropäischen Schienengüternetz" ist seit 1.1. 2006 für jede Art von grenzüberschreitendem Güterverkehr innerhalb der EU für den Wettbewerb geöffnet. Ein Umstand, den nicht nur die ÖBB als Chance sehen, stehen doch damit allen Eisenbahnunternehmen vor allem die lukrativen Langstrecken im Güterverkehr offen. "Wenn weiter konsequent die Hürden im grenzüberschreitenden Verkehr beseitigt werden, erlebt die Güterbahn auf Europas Gleisen einen Boom", hatte sich Deutsche-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am Rande des Güterbahn-Kongresses "EuRailFreight" in Brüssel zu Jahresanfang geradezu euphorisch gezeigt: "Vor allem auf langen Strecken kann die Bahn ihre Stärke voll ausspielen."

Interessant ist die Liberalisierung vor allem für Unternehmen, die auf den Gütertransport auf Schiene angewiesen sind. Die zum finnischen Konzern M-real gehörende, gleichnamige Papierfabrik in Hallein etwa ist so ein Beispiel. Die Werksleitung vergab schon 1891 den Auftrag, die ersten Gleise in der Papierfabrik zu verlegen. Die Gleisanlagen wuchsen mit der Entwicklung der Produktionsstätten. Heute haben sie im Werksgelände eine Länge von insgesamt 5100 Metern. Betreut wird der Schienentransport im Firmengelände von Railcargo. Im Rennen um den Auftrag, der vor geraumer Zeit vergeben worden war, waren auch die deutsche Mittelweserbahn und die Salzburger Lokalbahn (die auf Teilstrecken den Gütertransport für M-Real abwickelt). Über mangelnde Resonanz seitens der Anbieter konnte sich M-Real-Vertriebs-Chef Gottfried Golser nicht beklagen: "Seit ein paar Jahren tut sich da schon was. Umso wichtiger wird auch das auswählen."

Privat- und Lokalbahnen

Aktiv geworden sind im Güterverkehr neben der Deutschen Bahn seit der Liberalisierung vor allem die Privat- und Lokalbahnen, wie die Steiermärkischen Landesbahnen, Stern & Hafferl in OÖ oder die Wiener Lokalbahnen (WLB, besser bekannt unter Badnerbahn). Letztere besitzt die Fahrkonzession für alle Eisenbahnstrecken Österreichs und in der EU. Die überwiegend im Besitz der Stadt Wien stehenden WLB führen sowohl auf der eigenen Infrastruktur (mit eigenen Dieselloks), als auch auf fremder (mit eigenen Diesel- und E-Lokomotiven) Güterverkehr durch und haben auch einige eigene Güterwaggons im Fuhrpark. Versorgt werden Kunden und Anschlussbahnlinien entlang der Bahnlinie. Abgewickelt werden aber auch Transporte nach Norddeutschland und ins Ruhrgebiet.

Zu den Pionieren zählte etwa 2001 LTE Logistik- und Transport GmbH. Das zu gleichen Teilen dem Regionalverkehrsunternehmen Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH (GKB ist im Besitz der Republik) und der Porr Infrastruktur GmbH gehörende Unternehmen ist heute auch mit Tochterfirmen in der Slowakei und in Tschechien tätig und seit 2003 auch in Deutschland mit einer Tochter präsent.

Erfolgreich auf Schiene ist auch die Voest-Logistiktochter LogServ über ihre Eisenbahndienstleister-Tochter CargoServ. LogServ startete für die Mutter Voestalpine Stahl mit Kalktransporten aus dem Kalkwerk Steyrling nach Linz. CargoServ-Geschäftsführer Gerhard Holzmüller sprach damals von einer zweiprozentigen Einsparung, seit man den Auftrag von der ÖBB geholt habe. Mittlerweile werden auch andere Eigentransporte für die Voest durchgeführt und Dienstleistungen für den Bahnbetrieb wie Betriebsführung von Werks- und Anschlussbahnen oder Waggonmanagement angeboten. Auch Holzmüller sieht eine rosige Zukunft und den Güterverkehr auf Schiene wachsen. Auch er sieht vor allem das Wachstum in den neuen EU-Ländern im Osten als Chance. "Das Güterverkehrsaufkommen auf der Schiene wird vor allem auf der West-Ost-Achse wachsen." Reüssieren will man durch "Kooperationen mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen im In- und Ausland, um z.B. im Verbund mit anderen Privatbahnen durchgängige Logistikketten anzubieten."

Ob also die besten Zeiten für den Gütertransport auf Schiene erst kommen oder bereits Vergangenheit sind, darüber scheiden sich die Geister. Ilse, die Ausstellungsbotschafterin für die Schau "Großer Bahnhof. Wien und die weite Welt" ist jedenfalls nach mehrstündiger Operation sicher angekommen. Und Transporteure wie RailCargo und Co bauen noch stärker ihr Portfolio aus, wollen sie doch als "Gesamtlogistiker" auftreten und nicht nur auf die Schiene, sondern auch auf Straße, Wasser und Luft setzen. Falls an Ilse also noch einmal anderswo Bedarf ist – sagen wir, um irgendwo an einem exotischen Ort die Botschaft von der rosigen Zukunft auf Schiene zu verkünden: Am Transporteur wird es vermutlich nicht scheitern. (Regina Bruckner)