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Eine neue Ära steht bevor: Madame Royal wird ihren Ex-Lebensgefährten Hollande nun nicht mehr nur privat, sondern auch politisch attackieren können.

Foto: AP/Bob Edme
Ségolène Royal hat am Sonntag nach der Wahl unmissverständlich Klarheit geschaffen: Die französische Ex-Präsidentschaftskandidatin hat ihren Lebensgefährten François Hollande vor die Tür gesetzt - und strebt seinen Posten als Sozialistenchef an.

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Also doch! Monatelang hatten in Paris Gerüchte zirkuliert, die beiden prominentesten Sozialisten des Landes, die zusammen vier Kinder haben, seien nur noch auf dem Papier verbandelt. Ségolène Royal und François Hollande dementierten stets und verbaten sich weitere Fragen mit Blick auf die "Privatsphäre" - und die ist in Frankreich nun einmal heilig.

Jetzt schafft Royal in einem Interview selbst "Klarheit". Und wie: "Ich habe François vorgeschlagen, seine eigene Geschichte zu leben. Er hat akzeptiert. Mit dieser Trennung leben wir nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt." Mit anderen Worten: Royal hat ihren Lebenspartner, den sie vor dreißig Jahren an der Pariser Eliteverwaltungsschule ENA kennen lernte, aber nie heiratete, vor die Tür gesetzt.

Ob dies wegen einer Mätresse Hollandes geschah, wie man sich in Paris erzählt, wird natürlich nicht bestätigt. Nach übereinstimmenden Berichten hing der Haussegen seit Monaten schief. Präzise seit Ende 2005, schätzt Raphaëlle Bacqué, eine von zwei Le Monde-Journalistinnen, die in einem Buch kürzlich berichteten, Royal habe sich vor allem wegen ihres Eheärgers in den Präsidentschaftswahlkampf gestürzt. Royal und Hollande reichten gegen diese Darstellung umgehend Klage ein.

Heirat in Tahiti

Nun müssen sie aber selbst einräumen, dass sie den Franzosen eine heile Beziehung vorgegaukelt haben. Royal hatte während der Präsidentschaftskampagne selbst in einem Buch bekräftigt: "Wir sind nicht getrennt." Im Sommer 2006 hatte sie sogar angedeutet, dass sie und François im Südseeparadies Tahiti heiraten könnten. Dreißig Jahre zusammen lebend, hatten sie vor einigen Jahren nur einen - ursprünglich für Homosexuelle gedachten - Zivilstandsvertrag (Pacs) geschlossen. Mit seinen vier Kindern galt das Paar als Ausdruck einer modernen und soliden Familie; derweil litt der andere Präsidentschaftskandidat, der geschiedene Nicolas Sarkozy, bis zu seiner Wahl zum Staatschef darunter, dass ihm seine Frau Cécilia vorübergehend davongelaufen war.

Royal gesteht nun in einem Interview, dass sie ihre Beziehung schon während der Präsidentschaftskampagne "ausgeklammert" habe. Sie habe allerdings nichts davon verlauten lassen: "Das war eine Notwendigkeit, um meine Kinder zu schützen." Dieser Grund klingt ziemlich gesucht, denn daran hat sich nichts geändert. Es erklärt auf jeden Fall nicht, warum Royal die Trennung ausgerechnet an einem Wahlabend bekannt machen musste - und an einem Wahlabend, bei dem sich Parteichef Hollande für den sozialistischen Achtungserfolg selbst auf die Schulter klopfte.

Denn die unterlegene Präsidentschaftskandidatin macht seit Wochen keinen Hehl aus ihrem Wunsch, Generalsekretärin des Parti Socialiste (PS) zu werden - also Hollandes Platz einzunehmen. Dies dürfte das wahre Motiv gewesen sein, dass sie Trennung publik machte: Jetzt hat sie freie Bahn, um ihren Ex-Lebenspartner auch politisch anzugreifen. Am Wahlabend wartete sie nur ein paar Minuten nach der Erklärung ihres Parteichefs, um selbst vor die Kameras zu treten und "eine neue Ära" anzukündigen. Das gute Abschneiden des PS führte sie auf die Dynamik ihres eigenen Präsidentschaftswahlkampfes zurück.

Hollande, der seinen Posten bis zum nächsten Parteikongress Ende 2008 verteidigen will, bestätigte die Trennung von Royal mit einem einzigen Satz in einem Communiqué. Als er sich in einem Fernsehstudio einmal mehr hinter den "Schutz der Privatsphäre" verbergen wollte, platzte einem Journalisten der Kragen: Ob denn die Geheimhaltung ihrer Trennung nicht heuchlerisch gewesen sei, ging er Hollande unüblich direkt an. Der sonst so joviale Parteichef meinte nur zugeknöpft, er gebe dazu "keinen Kommentar" ab. (Stefan Brändle/DER STANDARD, Printausgabe, 19. Juni 2007)