Bild nicht mehr verfügbar.

Der Eisenstädter Vizebürgermeister Christian Schmall (l.) und der Chef der ÖAMTC-Interessensvertretung Mario Rohrbacher verhüllen zum Auftakt der Aktion "(K)ein Schild" ein überflüssiges Verkehrszeichen am Hyrtlplatz in Eisenstadt.

Foto: APA/CHRISTIAN GMASZ
Eisenstadt - Ob österreichische Autofahrer auch mit weniger Anleitung fahren können, wird sich ab 25. Juni in Eisenstadt beweisen. Dort sind im Zentrum rund 2500 Verkehrszeichen montiert. 400 davon (also gut 15 Prozent) werden eine Arbeitswoche lang verhängt. Der Grund: Die Stadt untersucht in Kooperation mit dem Autofahrerklub ÖAMTC, ob die Vielzahl an Vorschrifts-, Warn- und Hinweiszeichen den Autofahrer nicht mehr verwirren als informieren.

Beim ÖAMTC ist man davon fix überzeugt. Ein Fünftel aller Schilder auf Österreichs Straßen könne sofort entfernt werden, ist sich Interessenvertreter Mario Rohracher sicher. Die Verkehrssicherheit werde dabei nicht leiden, sondern im Gegenteil steigen. Schließlich würden weniger Vorschriften mehr Eigenverantwortung bedeuten, die Verkehrsteilnehmer müssten besser kommunizieren und kooperieren.

So weit zumindest die Theorie - die vor 30 Jahren in den Niederlanden vom Verkehrsplaner Hans Mondermann entwickelt worden ist und sich dort im soeben von der EU studierten Härtetest bewährt. In Haren, einer 19.000-Einwohner-Stadt im Landesteil Holland, gibt es nicht nur keine Schilder mehr, auch Gehsteige und Schutzwege sind verschwunden. Die gesamte Hauptstraße ist eine Ebene, auf der Fußgänger, Radfahrer und Autos ihren Weg finden müssen.

Kulturabhängig

So weit will man in Eisenstadt nicht gehen, schließlich gehen sowohl Mondermann, die Stadtverwaltung und der Autofahrerklub davon aus, dass die Eignung für die Vision "Shared space" kulturabhängig ist und Österreich für eine egalitäre, völlig eigenverantwortliche Straßennutzung nicht prädestiniert ist. Doch auch mit der Verhüllung von Verkehrsschildern, um den Straßenraum übersichtlicher zu machen, habe man im Ausland gute Erfahrungen gemacht, verweist Rohracher auf Deutschland.

In der 27.000 Bürger zählenden Stadt Selm im Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden bei einem ähnlichen Test von 600 verhüllten Tafeln schließlich 471 ersatzlos abmontiert - mehr als 40 Prozent des gesamten Schilderbestandes.

BürgerInnen-Info

Wie viele es in der burgenländischen Landeshauptstadt mit ihren gut 12.000 Einwohnern werden, muss sich zeigen. Der Projekt-Fahrplan sieht vor, bis Samstag die Bevölkerung mittels Flugblätter zu informieren. Mit Säcken verhängt werden Schilder im Bereich Joseph-Haydn-Gasse, Permayerstraße, Bürgerspitalgasse, Krautgartenweg, Feldstraße, Ödenburger Straße, Lobzeile, Bahnhofsplatz, Laschoberstraße, die Ruster Straße bis Esterházyplatz und die Ruster Straße bis zur Bergkirche.

In der Woche vom 25. bis zum 29. Juni beobachten Vertreter von Stadtverwaltung, Polizei und ÖAMTC dann, ob in der City das völlige Chaos ausbricht. Passiert dies wie erhofft nicht, sollen die ersten Tafeln Anfang Juli abgeschraubt werden.

"Bringen wird die Aktion allen Verkehrsteilnehmern etwas", ist übrigens auch die Verkehrspsychologin Dora Donosa vom ÖAMTC überzeugt. Denn Fahranfänger seien ebenso wie ältere Verkehrsteilnehmer oft von der Informationsflut an den Straßenrändern überfordert. "Blickfelduntersuchungen zeigen, dass es für einen Fahrzeuglenker praktisch unmöglich ist, mehr als drei Verkehrszeichen gleichzeitig wahrzunehmen und zu verarbeiten", meint die Fachfrau. (Michael Mösenender/DER STANDARD-Printausgabe, 19.6.2007)