Berlin - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hat der Europäischen Union Versagen beim Umgang mit Flüchtlingen vorgeworfen. Die Antwort der EU auf die Flüchtlingskrise im Mittelmeer und an den Ostgrenzen der Union sei "Abschottung, Abweisung, Auslagerung", kritisierten ai und Pro Asyl am Montag bei einem Symposium in Berlin anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni. Vorschläge zum Schutz von Flüchtlingen und zur Beseitigung der Fluchtursachen gebe es dagegen nicht. Beide Organisationen forderten einen umfassenden Rettungsplan für Flüchtlinge.

"Ein sechs Meter hoher Zaun und Patrouillenboote vor den Küsten Afrikas dienen ebenso wie die gesetzlichen Maßnahmen der EU vor allem dazu, die Menschen von Europa fern zu halten", sagte die ai-Asylexpertin Julia Duchrow. Schutzsuchende, die es dennoch nach Europa schafften, hätten kaum Chancen auf ein faires Asylverfahren. Die EU-Staaten verstießen damit gegen geltendes Völkerrecht, "insbesondere gegen die Europäische Menschenrechts- und die Genfer Flüchtlingskonvention".

"Rechtsstaatliche Prinzipien"

"Um das Massensterben an ihren Außengrenzen zu beenden, muss sich die EU auf menschliche Grundwerte und rechtsstaatliche Prinzipien besinnen", sagte der Europa-Referent von Pro Asyl, Karl Kopp: "Staaten wie Libyen, Marokko und Mauretanien die Rolle des Gendarmen Europas zuzuweisen, ist nicht nur zynisch, sondern gefährdet Flüchtlinge und Migranten." Nach eigenen Angaben lehnen beide Organisationen "das Konzept der 'sicheren Drittstaaten' und jeden Versuch, Flüchtlingen die Ausreise aus den Herkunfts- und Transitstaaten zu verweigern" ab.

Ende Mai waren mindestens 18 Afrikaner nach Streitigkeiten zwischen Libyen und dem EU-Land Malta über die Zuständigkeiten im Meer ertrunken. Andere konnten sich retten, indem sie sich auf hoher See an Tunfischbecken klammerten. Die EU-Kommission, die zentrale Behörde der Union, hatte später Pannen bei der Rettung der Schiffbrüchigen eingeräumt und erklärt, die europäische Zusammenarbeit beim Grenzschutz funktioniere noch nicht richtig. Jüngst hatten die EU-Innenminister den Weg für schnelle Eingreifteams geebnet, die Einwanderer unter anderem aus Afrika und Osteuropa noch vor Erreichen der Grenzen abfangen sollen. (APA/AFP)