Die deutschen Fußball-Fans können aufatmen - in Österreich heißt es weiter abwarten: Nach knapp 18 Monate dauernden Verhandlungen haben sich ARD und ZDF, die beiden öffentlich-rechtlichen Sender Deutschlands, am Montag mit der Sportrechteagentur Sportfive über die TV-Rechte für die EURO 2008 geeinigt. Sie dürfen nun 27 der insgesamt 31 EM-Spiele live zeigen. Dazu gehören alle Partien der deutschen Nationalelf, das Eröffnungsspiel und alle Begegnungen ab dem Viertelfinale.

Nach Informationen der deutschen Nachrichtenagentur dpa liegt der Kaufpreis bei 115 Millionen Euro und damit deutlich unter den ursprünglich geforderten 160 Millionen. Für die Übertragungsrechte in Österreich wollen die UEFA und Sportfive rund 18 Millionen Euro. Der ORF ist allerdings nicht bereit, diese Summe zu bezahlen. ORF-Chef Alexander Wrabetz hatte angekündigt, "mit der UEFA so rasch wie möglich zu einer Lösung kommen" zu wollen. Das Schweizer Fernsehen hat die EURO-Verträge bereits im März unter Dach und Fach gebracht.

In Deutschland sind die TV-Rechte einer großen Sportveranstaltung noch nie so spät wie dieses Mal verkauft worden. Umso größer war die Erleichterung bei ARD und ZDF, die nun ihr "Monopol" für Fußball-Europameisterschaften fortsetzen können. "Ich freue mich, dass es nach zähem Ringen nun endlich gelungen ist, dieses großartige Sportereignis rechtzeitig und zu vertretbaren Konditionen zu sichern", kommentierte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff. Ähnlich ZDF-Intendant Markus Schächter: "Die schwierigen Verhandlungen der vergangenen eineinhalb Jahre haben sich gelohnt: Heute ist es gelungen, das Fußball-Highlight des Jahres 2008 für das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu vertretbaren Konditionen zu sichern."

27 Spiele live, vier Partien zeitversetzt

Die deutschen Fußball-Anhänger verpassen dank der nun erzielten Einigung keine wichtige Szene des Turniers. ARD und ZDF dürfen nämlich nicht nur 27 Spiele live übertragen, sondern die anderen vier Partien zeitversetzt zeigen. Dabei handelt es sich um die parallel ausgetragenen Begegnungen des jeweils letzten Gruppen-Spieltages. Das Auswahl-Recht, welche der Parallel-Spiele sie übertragen, liegt nach eigenen Angaben bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.

Die Agentur Sportfive, die für den Europäischen Fußballverband UEFA verhandelt hat, kann die Rechte für die vier Partien noch an einen frei empfangbaren Sender verkaufen. Zudem ist noch die Vergabe der Pay-TV-Rechte für alle 31 Spiele möglich. Der Privatsender RTL äußerte in einer ersten Reaktion scharfe Kritik: "Mit diesem Deal hat das wahre Pay TV gesiegt. Wir hatten ein sehr attraktives Angebot hinterlegt und wären gerne wie zuletzt bei der WM Juniorpartner der Öffentlich-Rechtlichen gewesen", so ein RTL-Sprecher. "Doch deren vermeintlich sorgsamer Umgang mit Gebührengeldern hat sich wieder einmal als reine Farce erwiesen. ARD und ZDF haben wie so oft in der Vergangenheit eine Maßlosigkeit beim Sportrechteerwerb an den Tag gelegt, nicht ohne die nächste Gebührenerhöhung bereits angemeldet zu haben." Die von ARD und ZDF gezahlte Summe wollte RTL nicht zahlen, weil sie über Werbung nicht zu refinanzieren ist.

Teurer als WM 2006

Mit 4,25 Millionen Euro pro Spiel ist die EM im Vergleich teurer als die WM 2006 in Deutschland. Für die Übertragungsrechte von 48 Spielen hatten ARD und ZDF geschätzte 180 Millionen Euro gezahlt. Ursprünglich soll Sportfive 160 Millionen Euro gefordert haben, zuletzt noch 150 Millionen. Die EM-Rechte sind erstmals nicht direkt von der UEFA vergeben, sondern über eine Agentur verkauft worden. Die Einigung gelang gewissermaßen auf den letzten Drücker, denn bereits am Mittwoch gibt es ein Treffen aller TV-Sender, die von der EM berichten.

ORF verhandelt noch

Ob der ORF daran teilnimmt, ließ man auf Anfrage der APA offen. Wenn es bis Mittwoch eine Einigung mit der UEFA gibt, werde man dabei sein, hieß es. Die Verhandlungsposition des heimischen Öffentlich-Rechtlichen hat sich zuletzt deutlich verbessert, nachdem der Privatsender ATV endgültig aus dem Bieterverfahren ausgestiegen war. Der ORF bleibt damit für Österreich als einziger ernst zu nehmender Free-TV-Partner übrig. Für die Übertragung der Fußball-Europameisterschaft 2004 in Portugal hatte der ORF fünf Millionen Euro an die UEFA überwiesen. Nachdem zuletzt das Schweizer Fernsehen die Übertragungsrechte für die EURO 2008 um umgerechnet sieben Millionen Euro erstanden hat, will es der ORF nun ebenfalls deutlich billiger - als die geforderten 18 Millionen - haben. Einen geplanten Europameisterschafts-Schwerpunkt, der ein Jahr vor Beginn des Turniers für gute Stimmung hätte sorgen sollen, sowie diverse Berichte in verschiedenen ORF-Magazinen hat man am Küniglberg inzwischen vorerst aus dem Programm gestrichen. (APA)