Bundeskartellanwalt Alfred Mair, SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim, Kartellgerichtschef Eckhard Hermann und BWB-Vize Peter Matousek (v. li.).

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Nach dem Koalitionsstreit um die Zukunft des Bundeskartellanwalts, den Justizministerin Maria Berger vorerst für sich entschieden hat, lauert bereits der nächste Konflikt über die Kompetenzaufteilung im Wettbewerbsrecht. Auf einer hochrangig besetzten parlamentarischen Enquete der SPÖ-Fraktion wurde am Dienstag heftig über die Frage diskutiert, ob die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) selbst erstinstanzliche Kartellentscheidungen treffen sollte oder dies weiterhin dem Kartellgericht überlassen muss.

Im Regierungsprogramm haben ÖVP und SPÖ vereinbart, "die Schaffung einer erstinstanzlichen Entscheidungskompetenz der BWB" zu prüfen. In Deutschland, Italien und anderen EU-Staaten hat die Kartellbehörde eine solche Doppelfunktion, erst bei Berufung schaltet sich ein Gericht ein. Auch die Generaldirektion für Wettbewerb in der EU-Kommission ist gleichzeitig für Untersuchung und Entscheidung bei Kartellrechtsverstößen zuständig.

Für Peter Matousek, Stellvertreter des Generaldirektors für Wettbewerb, wäre eine solche Kompetenzausweitung sinnvoll. Schon jetzt würde das Kartellgericht in den meisten Fällen einer "vertieften Prüfung" dem Antrag der BWB folgen und auf eine inhaltliche Evaluierung verzichten.

Dem widersprach Eckhard Hermann, der für Kartellfragen zuständige Senatspräsident des Oberlandesgerichts Wien. Er verwies auf eine OECD-Studie, in der die Trennung zwischen Untersuchung und Judikatur von Wettbewerbsangelegenheiten in der EU-Kommission gefordert wird. Das Problem sei die "inquisitorische Befangenheit", also die Gefahr, dass die einen Fall untersuchende Behörde dann nicht mehr objektiv entscheiden könne. Deshalb sei ein "kontradiktorisches System", wie Österreich es jetzt hat, besser, zitierte Hermann einen Rechtsexperten.

In einigen prominenten Fällen hat das Kartellgericht tatsächlich den Antrag der BWB abgewiesen – so etwa beim Haftungsverbund der Sparkassen, den die BWB als Zusammenschluss eingestuft sehen wollte.

SP-Justizsprecher Hannes Jarolim spricht sich ebenfalls für den Status quo beim Kartellgericht wie auch bei dem im Justizministerium angesiedelten Bundeskartellanwalt aus, den die ÖVP bekanntlich abschaffen will. Alfred Mair war auf dem Podium vertreten, verweigerte aber zur Frage der Kompetenzaufteilung jeden Kommentar. (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.6.2007)